Der Innovationsexperte Julian Drausinger von der LVA Gruppe im Porträt.

Foto: Wilke

Herstellung

„Die Reise geht in Richtung Mehrwert für Kunden“

Von Hochdruckverfahren in der Herstellung über Healthy-Aging-Produkte bis zur intelligenten Verpackung: An welchen Entwicklungen forscht die österreichische Lebensmittelindustrie? Innovationsexperte Julian Drausinger im Gespräch.

Wie innovativ sind die heimischen Lebensmittelhersteller? Einer, der diese Frage beantworten kann, ist Julian Drausinger. Als stellvertretender Geschäftsführer der Lebensmittelversuchsanstalt und Generalsekretär der Austrian Technology Plattform unterstützt er Unternehmen dabei, neue Entwicklungen auf den Markt zu bringen.

Herr Drausinger, als Kunde würde man die österreichische Lebensmittelindustrie nicht sofort mit Innovation in Verbindung bringen. Was meinen Sie dazu?

Im Vergleich zu anderen Branchen – etwa zur Unterhaltungselektronik – sind die Erwartungen der Kunden sicher andere. Viele Konsumenten wünschen sich Lebensmittel, die schmecken wie zu Omas Zeiten, aber den heutigen Standards entsprechen. Um höchste Qualität, Sicherheit und Genuss zu garantieren, treiben die mehr als 200 Hersteller Innovationen voran. Vieles davon betrifft den Herstellungsprozess. Ein Bereich, der von den Kunden selbst meist nicht wahrgenommen wird.

Haben Sie dafür ein konkretes Beispiel parat?

Ein innovatives Verfahren ist beispielsweise die Hochdrucktechnologie. Besonders flüssige Lebensmittel wie Fruchtsäfte werden dabei nicht mehr erhitzt und pasteurisiert, sondern in Kolben bei bis zu 30 Bar gepresst. Dabei sterben Keime ab – und gleichzeitig bleiben die wertvollen Inhaltsstoffe erhalten, die durch Hitze zerstört werden würden. Diese Methode ist mittlerweile etabliert, eine Vielzahl weiterer neuer Verfahren befindet sich aktuell in Erforschung.

Innovative Prozesse werden also laufend vorangetrieben. Aber auch im Regal überraschen uns die Lebensmittelhersteller mit neuen Produkten. Sind hier bestimmte Trends zu erkennen?

Bei den Produkten geht die Reise eindeutig in Richtung Mehrwert für die Konsumenten – etwa um das Wohlbefinden zu steigern, beispielsweise vitaminisierte Produkte. Eng damit verbunden ist der Bereich „Healthy Aging“. Europas Bevölkerung wird immer älter und wünscht sich Produkte, die gesundes Altern unterstützen. Ein weiterer Trendsektor ist Convenience. Viele Konsumenten möchten hochqualitative Speisen, ohne groß aufkochen zu müssen.

Fakt ist, dass wir heute in Österreich eine sichere und hochqualitative Produktion von Lebensmitteln haben. Mein persönlicher Wunsch ist, dass wir mit Innovationen die heimischen Hersteller unterstützen, diesen erfolgreichen Weg weiterzugehen.

Julian Drausinger, stellvertretender Geschäftsführer der Lebensmittelversuchsanstalt und Generalsekretär der Austrian Technology Platform

Damit Kunden zu diesen Lebensmitteln greifen, braucht es die richtige Verpackung. Ein weiteres Innovationsfeld?

Da tun sich zwei Schienen auf: Zum einen müssen Verpackungen heute verstärkt einen Originalitätsnachweis liefern. Dabei geht es um das Verhindern von Verfälschung oder Betrug. Auf der anderen Seite boomt das breite Feld der aktiven und intelligenten Verpackungen. Diese geben zum Beispiel mittels Sensoren Auskunft über den momentanen Produktstatus – also ob das Lebensmittel in Ordnung ist oder ob die Kühlkette eingehalten wurde. Hier wird viel geforscht. Was sich in der Praxis durchsetzt, wird die Zukunft zeigen.

Damit sprechen Sie einen Knackpunkt an: das Bestehen eines Produkts am Markt. Wie unterstützt die Austrian Technoloy Platform die Hersteller, diese Hürde zu meistern?

Wir haben eine klare Mission: Die Forschung und Entwicklung in vermarktbare Resultate zu bringen. Es hilft das schönste Ergebnis nichts, wenn man in der finalen Entwicklungsphase draufkommt: „Dieser Inhaltsstoff ist in Europa gar nicht zugelassen.“ Wir geben Unternehmen rechtliche Beratung und einen klaren Projekt-Fahrplan zur Hand. Gemeinsam entwickeln wir die Ziele und finden einen geeigneten Forschungspartner. Und natürlich begleiten und beobachten wir die Umsetzung.

Auf einen Blick: Die Austrian Technology Platform

Die Austrian Technology Platform (ATP) fördert die Innovationskultur in der Agrar- und Lebensmittelwirtschaft. Ein Ziel ist, die Entwicklung von Produkten, Verfahren und Verpackungen durch österreichische Unternehmen zu fördern. Sie wird vom Technologie-Netzwerk der Lebensmittelversuchsanstalt betrieben: lva.at.

Die österreichische Lebensmittelindustrie ist also in vielen Bereichen innovativ unterwegs. Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Fakt ist, dass wir heute in Österreich eine sichere und hochqualitative Produktion von Lebensmitteln haben. In Sachen Umsatz und Beschäftigungszahlen ist die Lebensmittelwirtschaft einer der stärksten Sektoren. Zudem haben wir sehr hohe Export-Raten. Die zunehmende Digitalisierung rund um das Thema Industrie 4.0 wird neue Herausforderungen bringen. Mein persönlicher Wunsch ist, dass wir die heimischen Hersteller mit weiteren Innovationen unterstützen, ihren erfolgreichen Weg weiterzugehen.

Über Julian Drausinger

DI Julian Drausinger ist stellvertretender Geschäftsführer der Lebensmittelversuchsanstalt und Generalsekretär der Austrian Technology Platform. Der gebürtige Niederösterreicher studierte Lebensmittel- und Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur in Wien. Er forschte unter anderem zu biobasierten Verpackungsmaterialien und führte eine Vielzahl an kooperativen Entwicklungsprojekten gemeinsam mit Unternehmen durch.

  • Interview mit DI Julian Drausinger, stellvertretender Geschäftsführer der Lebensmittelversuchsanstalt (August 2017)

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