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Weltweit haben verschiedene Organisationen Klassifizierungssysteme nach ihren eigenen Kriterien entwickelt. Das sind beispielsweise IARC/EPIC in Europa, IFIC und UNC in den USA, NOVA in Brasilien sowie SIGA in Frankreich. Diese Systeme teilen Lebensmittel nach dem Grad ihrer Verarbeitung in Gruppen ein: von „unverarbeiteten“ oder „minimal verarbeiteten“ Lebensmittel wie Obst und Gemüse, Fleisch, Eier, Milch und Kaffee über „verarbeitete Küchenzutaten“, wie Salz, Zucker oder Butter und „verarbeiteten Lebensmitteln“, etwa Nudeln, Aufstriche und Konserven, bis zu „hochverarbeiteten“ Lebensmitteln wie Fertiggerichten.
Laut den privaten NOVA- und SIGA-Klassifikationen haben „hochverarbeitete Lebensmittel“ mehrere Verarbeitungsschritte durchlaufen und enthalten verschiedene Zutaten sowie Zusatzstoffe. Nach der NOVA-Klassifikation wäre geschnittenes Brot „hochverarbeitet“ – ebenso wie fettarmes Joghurt oder Gemüsesuppen. Die verschiedenen Systeme kommen teils jedoch auch zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Eine allgemein anerkannte Einstufung von Lebensmitteln als „hochverarbeitet“ gibt es nicht. Daher hat der Begriff „hochverarbeitete Lebensmittel“ wenig Aussagekraft.
Brotscheiben auf einem Tisch: Das vorgeschnittene Vollkornbrot aus dem Supermarkt ist laut NOVA-Klassifikation „hochverarbeitet“, nicht aber das Croissant vom Bäcker ums Eck. Foto: TanyaRozhnovskaya / iStock
Durch Verarbeitung können wir zahlreiche Lebensmittel überhaupt erst essen oder trinken. Denn viele Lebensmittel sind in unverarbeitetem Zustand für den Menschen nicht verzehrbar. Beispielsweise ist rohes Getreide ungenießbar. Erst wenn es zu Mehl gemahlen und dieses zu Brot, Gebäck oder Nudeln weiterverarbeitet wird, können wir das Getreide für unsere Ernährung nutzen. Auch macht eine Verarbeitung von Rohwaren diese oft erst für die Aufnahme durch uns Menschen sicher. Zum Beispiel enthalten unverarbeitete Kartoffeln Stoffe, die schwer zu verdauen und in größeren Mengen sogar giftig sind (insbesondere das Alkaloid Solanin). Erst durch Erhitzen werden diese Stoffe zerstört oder abgebaut, sodass kein Gesundheitsrisiko mehr besteht.
Weiters verlängert die Verarbeitung von verderblichen Lebensmitteln deren Haltbarkeit. Beispielsweise verdirbt unbehandelte Rohmilch nach nur wenigen Tagen. Erst die Verarbeitung ermöglicht, dass Milch haltbar gemacht und sicher über die Kühlfächer im Handel bis in die Kühlschränke der Haushalte transportiert werden kann – und dort noch bis zu mehreren Wochen ihre Qualität behält. Mehr erfahren Sie hier: Homogenisieren, Sterilisieren und Pasteurisieren.
Für die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln spielt die Verarbeitung ebenfalls eine wichtige Rolle. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können dadurch auf eine breite Palette an Produkten zugreifen, die sie selbst in dieser Vielfalt und Menge gar nicht herstellen könnten. Mehr lesen Sie hier: Wissenswertes zur Lebensmittelverarbeitung.
Zubereitete Tiefkühlpizza: Fertiggerichte zählen laut NOVA- und SIGA-Klassifikation als „hochverarbeitete“ Lebensmittel. Foto: Fotolia
Nein, wie in vielen anderen Bereichen sind bei der Ernährung die Dosis und die Abwechslung entscheidend. Eine ausgewogene Ernährung sollte auf einer Vielfalt von Lebensmitteln in jeweils adäquaten Mengen basieren. Das umfasst frische und unverarbeitete Lebensmittel ebenso wie verarbeitete Produkte – zum Beispiel Brot, Nudeln, Öle, Milch und Käse. Die Österreichische Ernährungspyramide des Gesundheitsministeriums gibt hier eine gute Orientierung.
Es gibt insgesamt 13 Vitamine, die entweder fett- oder wasserlöslich sind. Die Verarbeitung von Zutaten und Lebensmitteln beeinflusst diese auf unterschiedliche Weise. Wasserlösliche Vitamine sind tendenziell empfindlicher: Hier führen Kochen und Hitzebehandlung teilweise zu Verlusten. Wird beispielsweise Gemüse jedoch nur einige Minuten lang blanchiert oder gekocht und dann eingefroren, getrocknet oder in Konservendosen verpackt, bleiben die Vitamine grundsätzlich gut erhalten.
Anders als in der häuslichen Umgebung können die Lebensmittelhersteller viele unterschiedliche und bewährte Verarbeitungsverfahren nutzen. Neue und innovative Lebensmittelverfahren helfen, Vitamine bestmöglich zu erhalten. Dabei wird das Lebensmittel – wenn überhaupt – nur schwach und sehr kurz erwärmt. Manchmal enthalten verarbeitete Lebensmittel sogar mehr Vitamine als frische Produkte. Ein Beispiel: In frisch geerntetem und rasch tiefgefrorenem Gemüse findet sich mehr Vitamin C als in Frischgemüse, das ein paar Tage im Kühlschrank gelagert wurde.
Mineralstoffe und Spurenelemente sind anorganische Elemente, die unser Körper benötigt – dazu gehören etwa Calcium, Kalium oder Magnesium. Die Lebensmittelverarbeitung kann sich günstig auf ihre Verfügbarkeit aus Lebensmitteln auswirken. Ein Beispiel ist Phytat (Phytinsäure), das die Aufnahme von Eisen und Zink hemmt. Die bei der Fermentation eines Lebensmittels freigesetzten Enzyme bauen solche Phytate ab.
Ja, auch das ist möglich. Verarbeitete Lebensmittel können eine Vielzahl an Nährstoffen enthalten, die für eine ausgewogene Ernährung wichtig sind. Denn in vielen Fällen kann die Lebensmittelverarbeitung auch Nährstoffe freisetzen und diese dadurch besser für die Aufnahme im Körper verfügbar machen. Ein Beispiel ist die vermehrte Freisetzung von Lykopin durch das Erhitzen von Tomaten. Umgekehrt können wiederum gesundheitsschädliche Substanzen wie Lektine in Hülsenfrüchten durch Verarbeitung unschädlich gemacht werden. Zudem wird eine Reihe von Lebensmitteln mit Vitaminen oder Mineralstoffen angereichert.
Der Zusatz von Nährstoffen zu Lebensmitteln und Getränken wird weltweit genutzt, um deren Nährstoffgehalt zu verbessern und eine ausreichende Aufnahme von Mikronährstoffen – vor allem Vitaminen und Mineralien – in der Bevölkerung zu gewährleisten. Dies erfolgt über verschiedene Verarbeitungstechniken. Beispielsweise werden Getreideerzeugnissen Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt, um Mängeln an Mikronährstoffen entgegenzuwirken. Das ist etwa bei mit Folsäure angereichertem Mehl der Fall. Ein in Österreich bekanntes Beispiel für eine Anreicherung von Lebensmitteln mit Nährstoffen ist das Speisesalz. Es wird seit den 1960er-Jahren mit Jod angereichert, um die Jodversorgung in der Bevölkerung eines Binnenlandes (ohne Meerzugang) zu verbessern und Erkrankungen der Schilddrüse (Kropf) zu reduzieren.
Einige Verbraucherinnen und Verbraucher machen sich Sorgen über die Verwendung von Zusatzstoffen wie Konservierungsstoffen, Farbstoffen oder Geschmacksverstärkern in Fertiggerichten. Es ist richtig, dass verarbeitete Lebensmittel Zusatzstoffe enthalten können. Diese haben wichtige technologische Funktionen, werden gründlich auf ihre Sicherheit geprüft und dürfen nicht beliebig eingesetzt werden. Sie werden laufend evaluiert und auf ihre Sicherheit geprüft. Das macht die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Mehr zum Thema Zusatzstoffe lesen Sie hier: Schon gewusst? Fakten rund um Zusatzstoffe.
In unserer modernen Welt spielen Halbfertig- und Fertiggerichte eine große Rolle. Sie erhöhen die Convenience, erleichtern das Kochen und sparen Zeit. Trotzdem werden solche stärker verarbeiteten Lebensmittel oft wegen ihres Gehalts an gesättigten oder Trans-Fettsäuren, Salz (Natrium) oder Zucker – etwa bei verarbeiteten Fleischprodukten, Suppen, Süßwaren oder Snacks – bemängelt.
Die Hersteller arbeiten daher an neuen Rezepturen und bieten mittlerweile Produkte mit reduzierten Fett-, Salz- oder Zuckergehalten an, um den Wünschen der Konsumentinnen und Konsumenten nach kalorienarmen oder -freien Alternativen zu entsprechen. Dazu gibt es bereits eine große Auswahl an Produkten für Menschen, die etwa keinen Milch- oder Fruchtzucker vertragen, Gluten meiden sollen oder tierische Zutaten ablehnen. Diese „Frei von“-Lebensmittel weisen in der Regel mit Angaben wie „laktosefrei“, „gutenfrei“ oder „vegetarisch“ auf diese speziellen Produkteigenschaften hin. Tipp: Die Nährwerttabelle auf der Verpackung eines Produkts informiert über den natürlich enthaltenen und den hinzugefügten Gesamtgehalt an Fett und gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten und Zucker, Ballaststoffen, Proteinen und Salz eines verarbeiteten Lebensmittels.
Schnelle Zubereitung im Ofen: Fertiggerichte werden oft kritisch betrachtet – doch die Dosis ist entscheidend. Foto: heckepics / iStock
Die Reformulierung verarbeiteter Lebensmittel hat zum Ziel, durch veränderte Rezepturen bestimmte Inhaltsstoffe wie Zucker, Salz oder Fett zu verringern. Zahlreiche Lebensmittelhersteller arbeiten laufend daran, die Zusammensetzung ihrer Produkte unter ernährungsphysiologischen Aspekten zu optimieren.
Die Herausforderung dabei ist, das positive Geschmackserlebnis und die Struktur eines Produktes zu erhalten. Denn die meisten Zutaten erfüllen wichtige technologische Funktionen. Wird ein Bestandteil reduziert, so wirkt sich das auf das gesamte Lebensmittel aus. Sowohl Geschmack als auch Textur und Haltbarkeit werden durch eine Reduktion von Fett, Salz und Zucker verändert. Hier sind mitunter innovative und neue Strategien gefragt: Um Fett zu reduzieren, lassen sich etwa pflanzliche Fasern oder fettreduzierte Zutaten einsetzen. Technologische Verfahren wie die Hochdruckbehandlung können die Struktur von Lebensmitteln beeinflussen, sodass diese beispielsweise ohne Salzzugabe Wasser binden können. Um den Zuckergehalt zu verringern, können Zuckeraustauschstoffe, wie natürliche Süßungsmittel oder Süßstoffe zum Einsatz kommen.
Auch Produkte gänzlich ohne Zucker oder Süßungsmittel wie manche Limonaden schaffen es mitunter in den Verkauf. Sie verbleiben dort allerdings nur, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten den neuen Geschmack akzeptieren und diese Produkte kaufen. Ist das nicht der Fall, werden solche Produktinnovationen wieder ausgelistet. Die Lebensmitteltechnologie entwickelt sich mit ihren Verfahren ständig weiter, um auf gesellschaftliche und zunehmend auch ökologische Entwicklungen und Herausforderungen zu reagieren. Lesen Sie dazu auch das Interview mit dem Lebensmitteltechnologen Henry Jäger: „Verarbeitung ist wichtig für unsere Lebensmittel“.
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