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Die Coronapandemie und die damit verbundenen Lieferschwierigkeiten, Ernteausfälle sowie die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs führten ab 2021 zu extrem hohen Preisen bei Energie, Rohwaren, Transport oder Verpackungen. Dadurch stiegen die Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Agrar- und Lebensmittelbereich deutlich an und damit auch die Preise für Lebens- und Futtermittel sowie für Getränke. Diese Entwicklung betraf nicht nur Österreich oder Europa, sondern aufgrund der internationalen Verflechtungen viele Länder weltweit.
Bis ein Lebensmittel im Geschäft in den Regalen steht, sind viele einzelne Schritte sowie der Einsatz von Materialien, Energie und Arbeitskraft entlang der Lebensmittelkette erforderlich. Das reicht von der Urproduktion in der Landwirtschaft bis zur Weiterverarbeitung in der Industrie. Rohstoffe, Verpackung, Logistik und Energie machen mit durchschnittlich 80 Prozent bei vielen Unternehmen den Löwenanteil der Kosten in der Lebensmittelherstellung aus. Hinzu kommen weitere Kosten – zum Beispiel für Personal, Produktentwicklung, Investitionen in Anlagen und Maschinen, Marketing und Vertrieb.
Von den Weizenkörnern für Brot über den Hopfen für Bier, die Orangen für Fruchtsaft bis zum Kakao für Schokowaffeln: Rohstoffe in ausreichender Menge und passender Qualität sind das Um und Auf für gute Lebensmittel. Die Lebensmittelindustrie ist der größte Abnehmer österreichischer Agrarwaren. Etliche Agrarerzeugnisse – Kaffee, Kakao, Reis oder Gemüse, Früchte und Gewürze – müssen importiert werden, da diese in Österreich nicht wachsen oder es davon zu wenig gibt.
Sind Angebot und Nachfrage im Gleichgewicht, bleiben die Rohstoffkosten grundsätzlich stabil. In der Praxis unterliegen sie jedoch – allein schon witterungsbedingt – oft Schwankungen. Auch geopolitische oder wirtschaftliche Entwicklungen können die Kosten beeinflussen. So fielen im Zuge der Coronapandemie und des Ukraine-Kriegs Lieferungen von Rohstoffen aus. Die Folge war ein verknapptes Angebot in der EU, was zu Verteuerungen führte. Auch Wechselkursschwankungen (etwa Euro versus US-Dollar), Naturereignisse mit Ernteausfällen oder Handelsbarrieren haben Einfluss auf die Rohstoffpreise. Die wachsende Weltbevölkerung und die steigende Kaufkraft in Asien erhöhen die Nachfrage nach Agrarwaren weltweit und führen so zu einem volatilen Angebot.
Die Kosten für Agrarrohstoffe – hier aufeinander gestapelte Weizensäcke in einem Lager – sind in Folge der Coronapandemie und des Ukraine-Kriegs weiter angestiegen. Foto: Pridannikov / iStock
Einige Rohstoffe müssen nach Österreich importiert werden, etwa Früchte, Gemüse, Haselnüsse oder Gewürze. Dabei entstehen Kosten für die Lagerung und den Versand. Auch für den Transport der Rohstoffe zur Weiterverarbeitung im Inland sowie der fertigen Produkte zu den Kundinnen und Kunden in aller Welt fallen Logistikkosten an. Die Beförderung erfolgt per Bahn, Schiff, LKW oder Flugzeug.
Beim Transport von Lebensmitteln muss eine Reihe gesetzlicher Regulierungen, etwa Hygienevorschriften, eingehalten werden. Ein kritischer Faktor ist die Temperatur: Fleisch oder Milch sind etwa bei + 6 Grad Celsius zu transportieren, Fische bei der Temperatur von oder auf schmelzendem Eis. Dabei kommen spezielle Transportfahrzeuge zum Einsatz, die einer ständigen Temperaturkontrolle unterliegen, um die Kühlkette aufrecht zu erhalten. Nahrungsmittel müssen auch speziell gelagert werden – das reicht von Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Luftzirkulation bis zum Schutz vor Schädlingsbefall.
Container-Terminal mit anlegendem Schiff: In Österreich nicht verfügbare Agrarrohstoffe werden beispielsweise über Frachtcontainer angeliefert. Foto: Felix Marx / iStock
Energie ist ein zentraler Kostenfaktor in der Lebensmittelherstellung. In vielen Produktionsverfahren – etwa beim Kochen, Backen, Pasteurisieren, Kühlen oder Tiefkühlen – müssen große Mengen an Zutaten zerkleinert, gemischt, gemahlen, gerührt, erhitzt oder abgekühlt werden. Solche Verfahren kommen beispielsweise in Bäckereien und Molkereien zum Einsatz, in der Fleischverarbeitung, der Obst- und Gemüseverarbeitung oder in Brauereien. Auch Wasser für die Reinigung muss erhitzt werden. All das erfordert viel Energie.
Die heimische Lebensmittelindustrie benötigt etwa 3,5 Terawattstunden (TWh) Erdgas pro Jahr, das sind rund 10 Prozent des jährlichen Gasbedarfs der gesamten Industrie in Österreich. Neben Erdgas werden auch Strom, Fernwärme und Diesel für die Produktion eingesetzt. Alternative Energiequellen wie Photovoltaik, Biogas oder Wasserkraft sind zusätzlich im Einsatz und werden laufend ausgebaut, können aber die benötigten Energiemengen vielfach nicht vollständig kompensieren. Auch durch mehr Energieeffizienz in der Produktion werden schon heute Kosten eingespart. Dennoch bleibt Energie ein Kostentreiber.
Die Verpackung von Lebensmitteln muss höchste Standards in puncto Hygiene und Schutz des Inhalts erfüllen. Dazu kommen steigende Anforderungen an den Klimaschutz und die Abfallvermeidung. In den Verpackungskosten schlagen sich die Preise für die eingesetzten Materialien – wie Glas, Aluminium, Kunststoffe, rePET, Wellpappe oder Verbundkartons – nieder. Diese sind in ihrer Herstellung sehr energieintensiv. Zu den Materialkosten kommen der Aufwand für ihre Bearbeitung sowie die Kosten für die Entwicklung nachhaltiger, recyclingfähiger Verpackungen.
Die österreichische Lebensmittelindustrie beschäftigt rund 27.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die hohen Standards in der Herstellung, oft in mehreren Schichten und am Wochenende, sowie die zunehmende Vielfalt an Lebensmitteln erfordern den Einsatz von spezialisierten Fachkräften wie Lebensmitteltechnikerinnen und -technikern. Die Verfügbarkeit geeigneter Arbeitskräfte am Arbeitsmarkt wirkt sich auf die Personalkosten aus. Die Personalkosten in der Produktion und dieser vorgelagerten Branchen (wie Verpackung, Transport, Maschinen etc.) sind seit 2022 durch die Lohn- und Gehaltserhöhungen um 20 Prozent gestiegen.
Speisefette und Speiseöle – hier Flaschen mit Sonnenblumenöl auf einem Förderband – sind wie andere Lebensmittel von der allgemeinen Teuerungswelle betroffen. Foto: U.Ozel.Images / iStock
Die Teuerungswelle hatte Österreich und viele andere Länder ab 2021 weltweit getroffen. Davon sind auch Lebensmittel, Futtermittel und Getränke nicht verschont geblieben. Gründe waren die zeitgleichen, starken Kostensteigerungen in allen Bereichen, die für die Lebensmittelherstellung wichtig sind und im Durchschnitt rund vier Fünftel der Kosten ausmachen: Energie, Rohstoffe, Verpackung und Logistik.
Der Anstieg der Herstellungskosten begann bereits nach den ersten Corona-Lockdowns mit dem Anziehen der Wirtschaft 2021 und zeitgleichen Ernteausfällen. Durch den Ukraine-Krieg hatte sich die Lage ab Februar 2022 weiter dramatisch verschärft: So stiegen die Preise für Rohwaren, Verpackungen und Logistik im hohen zwei- bis dreistelligen Prozentbereich. Die Energiepreise gingen durch die Decke: Die Preise für Erdgas hatten sich 2022 verzehnfacht, jene für Strom versechsfacht. Mittlerweile sinken die Energiepreise, bleiben aber auf deutlich höherem Niveau als vor der Corona-Pandemie. Die Steigerung traf speziell energieintensive Sektoren wie die Lebensmittelindustrie trotz verstärkter Maßnahmen für Energieeffizienz in der Produktion.
Als Folge der höheren Kosten für Energie und Treibstoffe verteuerten sich die Preise für Düngemittel, Futtermittel, Rohstoffe, Verpackungen oder Logistik massiv. Gerade in der Logistik kam es zu einem enormen Kostenanstieg, etwa für Paletten, Transportkisten sowie Container aus Asien oder Südamerika mit Gewürzen, Kakao oder Südfrüchten für die Weiterverarbeitung. Auch niedrige Wasserstände auf den für Österreich wichtigen Flussrouten wie Donau oder Rhein für den Schiffstransport von beispielsweise Getreide oder Ölsaaten führten zu Engpässen und Mehrkosten. Knappe Container und Paletten, fehlende Fahrerinnen und Fahrer für LKW und Verzögerungen in den Lieferketten trieben die Preise hinauf.
Die allgemeine Teuerung ist in den vergangenen Monaten von 11,2 Prozent im Jänner 2023 auf 3,5 Prozent im April 2024 gesunken. Auch die Kosten für Lebensmittel haben in diesem Zeitraum teilweise nachgelassen.
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