Die Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie Katharina Koßdorff im Porträt.

Industrie

„Die Branche punktet mit Qualität, Sicher­heit und Genuss“

Mit welchen Stärken überzeugt die Lebensmittelindustrie? Was macht ihre Produkte weltweit gefragt – und vor welchen Herausforderungen steht sie? Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie, im Interview.

Die Lebensmittelindustrie versorgt täglich Millionen Menschen in Österreich und in vielen internationalen Märkten mit guten, sicheren und leistbaren Lebensmitteln und Getränken. Was hinter dem Erfolg der Hersteller steckt, welchen Hürden sie sich gegenübersehen und wie sie in die Zukunft gehen werden, erklärt Fachverbandsgeschäftsführerin Katharina Koßdorff.

Frau Koßdorff, Sie vertreten mit dem Fachverband über 200 Lebensmittelhersteller in Österreich. Wo liegen die Stärken der heimischen Lebensmittelindustrie?

Katharina Koßdorff: Österreichische Lebensmittel zeichnen sich durch ihre Qualität, ihre Sicherheit und ihren Genuss aus. Das sind Vorzüge, mit denen unsere Hersteller nicht nur bei den Konsumentinnen und Konsumenten im Inland punkten, sondern auch in rund 180 weiteren Ländern rund um den Globus.

Qualität, Sicherheit und Genuss – das war immer das Erfolgsrezept österreichischer Lebensmittel und das wird es auch künftig bleiben.

Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie, im Porträt.

Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie in Österreich

Sie sprechen damit den Export an. Welche Rolle spielt dieser denn für die österreichischen Hersteller?

Koßdorff: Die Lebensmittelindustrie hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer Exportbranche entwickelt. Mit dem EU-Beitritt Österreichs sind die Grenzen gefallen – und somit auch die Schranken und Hindernisse für den Handel. Das war der Startschuss für den internationalen Erfolg unserer Branche. Damals hatten wir eine Exportquote von gerade einmal 16 Prozent, heute liegen wir bei weit über 60 Prozent. Zwei von drei in Österreich hergestellten Lebensmitteln gehen bereits ins Ausland. Aufgrund der hohen Konzentration im heimischen Handel ist der österreichische Lebensmittelmarkt hart umkämpft und wettbewerbsintensiv. Der Export ist daher für die Produzenten mittlerweile zum wichtigsten Standbein geworden, um den Standort in Österreich mit seinen Arbeitsplätzen sichern zu können.

Warum sind gerade österreichische Lebensmittel im Ausland so gefragt?

Koßdorff: Primär weil österreichische Lebensmittel gut schmecken und von hoher Qualität sind. Darüber hinaus ist Österreich ein klassisches Tourismusland. Die Touristen, die sowohl im Sommer als auch im Winter zu uns kommen, finden hier ihre Lieblingsprodukte, die sie dann auch zu Hause wieder genießen möchten. Der Tourismus ist eine wesentliche Stütze für den Erfolg, den die österreichische Lebensmittelindustrie international hat. Letztlich punkten wir aber immer auch mit dem Image unseres Landes – mit der traditionellen Küche, den kulinarischen Spezialitäten, der hohen Lebensqualität und unserer intakten Natur. Das sind wesentliche Faktoren, warum sich die österreichischen Lebensmittelhersteller auf über 180 Märkten weltweit erfolgreich behaupten.

Die Lebensmittelherstellung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark weiterentwickelt. Was waren aus Ihrer Sicht die größten Errungenschaften?

Koßdorff: Die Menschen können aktuell aus einem breiten Angebot an sicheren, qualitativen und leistbaren Lebensmitteln wählen. Dazu trug die Innovationskraft der Branche wesentlich bei: Die Unternehmen haben Herstellungsverfahren weiterentwickelt, Logistik und Infrastruktur ausgebaut und viele Neuerungen in der Produktion und der Verpackung umgesetzt. Mit all diesen Errungenschaften hat die Lebensmittelindustrie dazu beigetragen, dass die Bevölkerung heute umfassend mit einer großen Vielfalt an Nahrungsmitteln und Getränken versorgt ist. Mit dieser Versorgungssicherheit gingen Arbeitsplätze und Wohlstand einher. Es war gut, den Produktionsstandort Österreich mit klugen Strategien zu festigen, wobei vor allem der Export die wesentliche Stellschraube darstellt. Das Ergebnis: Lebensmittel sind heute so sicher und gut wie nie zuvor in der Geschichte.

Von traditionell bis ‚free from‘, von vitaminangereichert bis kalorienfrei, von Familien- bis zu Single-Packungen – wir haben eine Vielfalt auf allen Ebenen, sowohl geschmacklich als auch von den Sorten her.

Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie, im Porträt.

Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie in Österreich

Einen wesentlichen Vorteil der industriellen Herstellung haben Sie bereits angesprochen: Die enorme Produktvielfalt, die sich heute bietet.

Koßdorff: Das stimmt, es gibt ja auch so viele Produktvarianten wie noch nie zuvor. Da ist wirklich für jeden Geschmack und für jede Geldbörse etwas dabei. Von traditionell bis „free from“, von vitaminangereichert bis kalorienfrei, von Familien- bis zu Single-Packungen – wir haben eine Vielfalt auf allen Ebenen, sowohl geschmacklich als auch von den Sorten her. Da spielt sicher auch mit hinein, dass die Branche rasch auf Kundenwünsche und Ernährungstrends reagiert. Etwa, dass sich mehr und mehr Personen vegetarisch oder vegan ernähren. Oder Flexitarier sind, die nur ab und zu Fleisch essen. Die Hersteller arbeiten daher auch ständig an Innovationen, um die Kunden bei ihren Bedürfnissen abzuholen.

Und mit welchen aktuellen Herausforderungen kämpft die Branche aktuell?

Koßdorff: Das sind auf der einen Seite die vielen Regularien, die auf die Lebensmittelbranche einprasseln, und der damit verbundene administrative Aufwand. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Diskussionen rund um Lebensmittel, die zunehmend ideologisch und wenig faktenbasiert geführt werden, etwa wenn es um die richtige Ernährungsweise geht. Da werden schnell ganze Produktgruppen oder einzelne Nährstoffe wie Fett oder Zucker pauschal „verteufelt“. Ein weiteres Beispiel ist der Freihandel. Für ein Land wie Österreich mit gerade einmal 8,9 Millionen Einwohnern ist es zentral, sich auch international zu engagieren und Chancen am Weltmarkt zu nutzen. Das wollen wir als Lebensmittelindustrie weiterhin tun. Daher wünschen wir uns zu diesen Themen mehr Sachlichkeit in der öffentlichen Debatte.

Welche Rolle kann die Lebensmittelindustrie dabei selbst übernehmen?

Koßdorff: Vorurteilen und Mythen lässt sich nur mit Wissen und Vertrauen entgegenwirken. Deshalb sehen wir unsere Verantwortung auch darin, verstärkt zu informieren. Ein Beispiel ist die Wissensplattform „Österreich isst informiert“, wo wir zeigen, was hinter modernen Lebensmitteln steckt und Einblicke in die Herstellung geben. Dazu kommt das Thema Ernährungsbildung: Nicht einzelne Lebensmittel machen krank, sondern unausgewogene Ernährung, gepaart mit Faktoren wie wenig Bewegung, Stress oder Veranlagung. Wir unterstützen die Verbraucherinnen und Verbraucher dabei, selbst Verantwortung für ihren Lebensstil zu übernehmen. Dafür wollen wir künftig ein noch stärkerer Partner für die Politik, die Schulen und die Wissenschaft sein. So können wir das Know-how dorthin bringen, wo die Zukunft unserer Gesellschaft liegt.

Für ein Land wie Österreich mit gerade einmal 8,9 Millionen Einwohnern ist es zentral, sich auch international zu engagieren und Chancen am Weltmarkt zu nutzen. Das wollen wir als Lebensmittelindustrie weiterhin tun.

Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie, im Porträt.

Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie in Österreich

Zu einer weiteren Herausforderung: Wie wichtig ist eigentlich die Verfügbarkeit von Agrarrohstoffen für die Lebensmittelindustrie?

Koßdorff: Die Rohstoffsicherheit bleibt ebenfalls eine Herausforderung – in dem Sinne, dass wir für die Lebensmittelherstellung ausreichend landwirtschaftliche Rohwaren brauchen, die unsere Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen erfüllen. De facto sind wir bei zahlreichen Rohwaren auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Eine hundertprozentige Versorgung mit qualitativen österreichischen Rohstoffen ist nur bei sehr wenigen Produkten gewährleistet – etwa bei Kuhmilch, bestimmten Fleischarten oder Zucker. Vieles ist im Inland nicht oder in zu geringen Mengen vorhanden – da spielen auch Ernteausfälle oder Wetterkapriolen mit. Ein Blick auf die österreichische Außenhandelsbilanz zeigt das deutlich: Österreich muss jährlich landwirtschaftliche Rohwaren im Wert von 1 Milliarde Euro aus dem Ausland importieren.

Wie sieht die Zukunft für die Lebensmittelhersteller aus?

Koßdorff: Wir blicken sehr optimistisch in die Zukunft. Qualität, Sicherheit und Genuss – das war immer das Erfolgsrezept österreichischer Lebensmittel und das wird es auch künftig bleiben. Mit der hohen Innovationskraft der Hersteller und den ausgezeichneten Produkten wird die Branche sowohl im Inland als auch im Ausland weiterhin erfolgreich sein.

Über Katharina Koßdorff

Mag. Katharina Koßdorff ist seit 2013 Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie in Österreich. Die gebürtige Grazerin setzt sich seit vielen Jahren für die Anliegen und Themen von rund 200 heimischen Lebensmittelherstellern ein. Die fachlichen Schwerpunkte der Juristin sind unter anderem das europäische und österreichische Lebensmittelrecht.

  • Interview mit Mag. Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin des Fachverbands der Lebensmittelindustrie (September 2017)
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