Stephan Büttner, Geschäftsführer der AGRANA Beteiligungs-AG, im Interview.

Foto: Jeff Mangione

Menschen

AGRANA: Erfolg durch Innovation

Lieferkettenherausforderungen, Arbeitskräftemangel und die Rolle von Innovation in der Lebensmittelindustrie: Darüber sprach Stephan Büttner, neuer Chef der AGRANA, mit der Fachzeitschrift DIE ERNÄHRUNG.

Sie stehen seit Jahresbeginn an der Spitze der AGRANA. Welche Ziele wollen Sie erreichen?

Stephan Büttner: AGRANA ist mit ihrem diversifizierten Portfolio und den drei Segmenten Frucht, Stärke und Zucker sehr gut positioniert und verfügt über globale Reichweite. Angesichts der vielen politischen Krisen und den damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen haben wir es mit einem sehr dynamischen Umfeld zu tun. Daher braucht es zur Stärkung unserer Marktpositionen eine klare Strategie, bewusstes Kostenmanagement und eine nachhaltige Verbesserung der operativen Performance.

Wir setzen auf Wachstum im bestehenden Kerngeschäft. Sehen aber auch in den anderen Segmenten Potenzial. Wir wollen uns weiter global diversifizieren und auch in Märkte investieren, in denen wir bereits erfolgreich tätig sind. Hier setzen wir auch auf unsere Innovationskraft – etwa bei Fruchtzubereitungen, wo wir jährlich über 1.000 neue Produkte auf den Markt bringen.


Wie schaffen Sie Voraussetzungen für Innovation?

Büttner: In einem derart hoch kompetitiven Umfeld wie der Nahrungsmittelindustrie ist es unerlässlich, sich vom Mitbewerb durch Produktweiterentwicklungen zu unterscheiden. Deshalb investieren wir jährlich rund 20 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung. Mit dem AGRANA Research & Innovation Center (ARIC) in Tulln verfügen wir über das größte industrielle Forschungszentrum im Lebensmittelbereich in Österreich. Darüber hinaus betreibt AGRANA speziell für das Fruchtzubereitungsgeschäft weltweit 17 Entwicklungszentren. In diesen wird an neuen Rezepturen, speziellen Zutaten beziehungsweise Rohstoffen sowie neuen Anwendungsmöglichkeiten für bestehende Produkte gearbeitet.

AGRANA betreibt speziell für das Fruchtzubereitungsgeschäft weltweit 17 Entwicklungszentren. In diesen wird an neuen Rezepturen, speziellen Zutaten beziehungsweise Rohstoffen sowie neuen Anwendungsmöglichkeiten für bestehende Produkte gearbeitet.

Stephan Büttner, Vorstandsvorsitzender der AGRANA Beteiligungs-AG

Welche Innovationen konnten Sie zuletzt auf den Markt bringen?

Büttner: In der Produktentwicklung greifen wir Ernährungs- und Getränketrends auf, wobei pflanzenbasierte Konzepte wie Joghurtalternativen und Fleischersatz immer stärker in den Mittelpunkt rücken. Aktuelle Beispiele sind verschiedene Konzepte für Hersteller von pflanzlichen Joghurtalternativen sowie Lösungen für Hausmannskost auf rein pflanzlicher Basis. Im Fruchtsegment setzen wir im Bereich Food Services insbesondere auf Schnellservice-Restaurants sowie Coffee & Tea Shops. Mit „Watson Says“ haben wir etwa eine eigene Linie von Sirupen, Saucen und Toppings entwickelt.


Mehrere Kriege und Konflikte wirken sich global auf Lieferketten sowie Transporte von Lebensmitteln aus. Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für Ihr Unternehmen?

Büttner: Auch wenn die Verfügbarkeit landwirtschaftlicher Rohstoffe grundsätzlich gegeben ist, führt die Suez-Krise wiederholt zu verzögerten Transporten bei Containerschiffen. Diese müssen immer wieder deutliche Umwege in Kauf nehmen. Bei einem Einkaufsportfolio von über 5.000 Produkten allein im Fruchtzubereitungsbereich kann es immer wieder zu Verknappungen kommen. Aktuell sehen wir das bei Kakao, da die Produktionsmengen von Kakaobohnen aufgrund einer in Westafrika verbreiteten Pflanzenkrankheit stark zurückgegangen sind. Schokoladeprodukte – etwa Choco Splits für Eiscremerezepturen – sind daher stark im Preis gestiegen.

Bei einem Einkaufsportfolio von über 5.000 Produkten allein im Fruchtzubereitungsbereich kann es immer wieder zu Verknappungen kommen.

Stephan Büttner, Vorstandsvorsitzender der AGRANA Beteiligungs-AG

AGRANA produziert auch in der Ukraine Fruchtzubereitungen und Fruchtsaftkonzentrate. Wie ist die aktuelle Situation dort?

Büttner: Nachdem an unseren beiden Standorten in Vinnitsa (300 Kilometer südwestlich von Kiew) die Produktion nach Kriegsausbruch stillgelegt wurde, konnten wir sie nun wieder hochfahren. So ist es uns möglich, Aufträge für regionale Kunden zu erfüllen. Aktuell ist die Situation vor Ort relativ ruhig und es gibt keine Kampfhandlungen in der Nähe unserer Betriebsstätte – wir können also kontinuierlich produzieren. Oberste Priorität hat jedenfalls die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Daher sind im Werk auch Schutzräume im Falle von Luftalarmen installiert worden. Manche unserer Kollegen sind leider beim Militär im Einsatz.


Werbeverbote sind immer wieder im Gespräch – Zucker, Fett und Salz sind im Visier. Aktuell wird speziell Werbung an Kinder und über Influencer kritisiert. Wie stehen Sie dazu?

Büttner: Ich bin generell sehr skeptisch, dass Verbote zu mehr Ernährungsbewusstsein oder weniger Adipositas-Fällen führen sollen. Vielmehr sollte man auf Aufklärung setzen.


Stichwort Klimawandel und Nachhaltigkeit: Welche Maßnahmen haben Sie gesetzt – was wird noch kommen?

Büttner: AGRANA hat hier als energieintensives Unternehmen eine besondere Position. Umso wichtiger war es für uns, rasch einen konkreten Maßnahmenplan zur Emissionsreduktion festzulegen. Dieser ist aktuell in Umsetzung und sieht vor, bis 2040 die eigenen Emissionen und bis spätestens 2050 auch die in der vorgelagerten Wertschöpfungskette entstehenden Emissionen auf Netto-Null zu reduzieren. Dazu haben wir unsere bereits laufenden Energieeffizienzmaßnahmen – etwa ein umfassendes Grünstrompaket an allen 55 Standorten weltweit – fortgesetzt.

Der Maßnahmenplan zur Emissionsreduktion ist aktuell in Umsetzung. Er sieht vor, bis 2040 die eigenen Emissionen und bis spätestens 2050 auch die in der vorgelagerten Wertschöpfungskette entstehenden Emissionen auf Netto-Null zu reduzieren.

Stephan Büttner, Vorstandsvorsitzender der AGRANA Beteiligungs-AG

Wie steht es aktuell um Fachpersonal? Finden Sie ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte?

Büttner: Der Fachkräftemangel ist für uns in unterschiedlichen Bereichen spürbar – beispielsweise in den für AGRANA wichtigen technischen Berufen in der Instandhaltung, Produktion und IT. Wir versuchen, diesem Mangel durch frühzeitigen Kontakt zu potenziellen neuen Arbeitskräften im Zuge von Berufsmessen, Kooperationen mit Schulen und Universitäten sowie Tagen der offenen Tür bestmöglich zu begegnen.


Wie sehen Sie als internationaler Konzern den Standort Österreich und was würden Sie sich von einer (neuen) Bundesregierung wünschen?

Büttner: Um unseren Wirtschaftsstandort zu stärken, braucht es endlich Maßnahmen gegen die überbordende Bürokratie oder die hohe Abgabenquote. Vor allem letztere ist trotz Abschaffung der kalten Progression im EU-Vergleich nach wie vor hoch. Eine Entlastung würde hier der heimischen Industrie im internationalen Wettbewerb helfen.

Eine weitere große wirtschaftspolitische Herausforderung ist der Arbeits- und Fachkräftemangel. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es nicht möglich sein, den Arbeitskräftemangel allein durch inländische Potenziale zu decken. Es bedarf daher konkreter Maßnahmen, um dem entgegenzuwirken, etwa durch eine klar definierte qualifizierte Zuwanderung.


Was ist Ihr Lieblingsessen?

Büttner: Hauptsache süß und fruchtig.


Weitere Informationen zum Unternehmen: AGRANA

Über Stephan Büttner

Mag. Stephan Büttner ist seit Jänner 2024 Vorstandsvorsitzender der AGRANA-Beteiligungs-AG. Zuvor war er bereits seit 2012 in verschiedenen Managementpositionen bei AGRANA tätig. Nach seinem Studium der Handelswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Wien war Büttner unter anderem bei der KPMG AUSTRIA GmbH beschäftigt. 2001 wechselte er zur Raiffeisen Ware Austria AG und war ab 2004 CEO ihrer Tochtergesellschaft Ybbstaler Fruit Austria GmbH.

Als CEO der AUSTRIA JUICE GmbH, einem Joint Venture der AGRANA Beteiligungs-AG und der Raiffeisen Ware Austria AG, managte Stephan Büttner erfolgreich den Zusammenschluss der AGRANA Juice GmbH mit der Ybbstaler Fruit Austria GmbH. Seit 2014 war Büttner CFO der AGRANA Beteiligungs-AG und seit Mai 2021 auch CEO von AGRANA Fruit.

  • Dieses gekürzte Interview stammt aus der Fachzeitschrift DIE ERNÄHRUNG, Volume 48, 02.2024. Die sechsmal jährlich erscheinende Fachzeitschrift informiert über aktuelle Entwicklungen bei Lebensmitteln in den Bereichen Wissenschaft, Recht, Technologie und Wirtschaft. Das gesamte Gespräch sowie Informationen zum Abo finden Sie hier: ernaehrung-nutrition.at.

Wir empfehlen diese Artikel zum Weiterlesen

Essen Sie informiert! Read Email A line styled icon from Orion Icon Library.