Foto: Austria Pet Food GmbH / Roland Schuller
Sie sind Geschäftsführer der Österreichischen Heimtierfuttermittelvereinigung (ÖHTV). Wie ist dieser Verband strukturiert und was sind seine Aufgaben?
Bernd Berghofer: Die ÖHTV, die letztes Jahr ihr 40-jähriges Bestehen gefeiert hat, vertritt die Interessen der österreichischen Heimtiernahrungsbranche. Dazu sei kurz aus den Statuten zitiert: Die ÖHTV fördert die Interessen der in Österreich tätigen Tiernahrungshersteller und Händler von Heimtierfuttermitteln. Unsere Basis sind dabei die Förderung der Heimtierhaltung, die Bereitstellung von guter Information zu Heimtierhaltung sowie die artgerechte Ernährung von Heimtieren. Die ÖHTV vertritt die Interessen der Mitglieder auch gegenüber Behörden und anderen Institutionen und koordiniert ihre Aktivitäten mit dem Fachverband der Lebensmittelindustrie.
Und auf europäischer Ebene sind wir aktives Mitglied der Heimtierfutter-Dachorganisation FEDIAF (The European Pet Food Industry), wo wir die Interessen der Mitglieder auf europäischer Ebene vertreten. Das Wichtigste ist aber, dass wir Mitgliedsbetriebe der ÖHTV Standards der FEDIAF umsetzen. Diese wurden von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Expertinnen und Experten entwickelt. Sie gehen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus und wurden mit der Europäischen Kommission abgestimmt. Das tun wir im Besonderen mit den FEDIAF Nutrition Guidelines und den Guidelines zur „guten Herstellpraxis“ und „guten Kennzeichnungspraxis“.
Welche und wie viele Heimtiere leben in österreichischen Haushalten? Gibt es viele Exoten?
Berghofer: Zu diesem Thema haben wir letztes Jahr nach drei Jahren wieder gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut GfK eine Heimtierpopulationsstudie durchgeführt. Das Ergebnis sagt, dass insgesamt in 1,8 Millionen österreichischen Haushalten (48 Prozent) zumindest ein Haustier lebt – um fünf Prozent mehr als 2019. Das bedeutet, dass etwa jeder zweite Haushalt in Österreich mindestens ein Haustier beherbergt.
In 28 Prozent der Haushalte leben Katzen, das sind in Summe etwa 2 Millionen. Dazu gibt es rund 837.000 Hunde, was 17 Prozent der Haushalte entspricht. Und es kommen noch in 16 Prozent der Haushalte Hasen, Kaninchen, Schildkröten, Zierfische, Vögel und andere Kleintiere hinzu. Diese Zahl hat seit 2019 ebenfalls um zwei Prozent zugenommen. Konkrete Zahlen zu diesen einzelnen Tierarten erheben wir derzeit nicht.
Wie haben sich die Produkte im Heimtierfuttermittelmarkt entwickelt? Wohin geht der Trend?
Berghofer: Der Trend zu hochwertiger Heimtiernahrung ist nach wie vor sehr stark. Generell legen die Tierbesitzerinnen und -besitzer immer mehr Aufmerksamkeit auf die Ernährung ihrer Lieben, man spricht daher auch in der internationalen Fachwelt nicht mehr von „Pet Holdern“, sondern von „Pet Parents“. Tiere werden als vollwertige Familienmitglieder angesehen und dementsprechend auch ernährt. Daher boomen alle Formen von hochwertiger Tierernährung. Dazu wurde von all unseren Mitgliedsunternehmen ein breites Spektrum an Produkten entwickelt, die sowohl vom Handel als auch von den Konsumentinnen und Konsumenten sehr gerne und bereitwillig angenommen werden.
Tiere werden als vollwertige Familienmitglieder angesehen und dementsprechend auch ernährt. Daher boomen alle Formen von hochwertiger Tierernährung. Dazu wurde von all unseren Mitgliedsunternehmen ein breites Spektrum an Produkten entwickelt, die sowohl vom Handel als auch von den Konsumentinnen und Konsumenten sehr gerne und bereitwillig angenommen werden.
Bernd Berghofer, Geschäftsführer der Austria Pet Food GmbH
Welche Stellung haben österreichische Heimtierfuttermittel am internationalen Markt?
Berghofer: Wir sind als ÖHTV außerordentlich stolz, dass wir alle zusammen mehr als die Hälfte der von uns erzeugten Mengen international verkaufen. Im Jahr 2020 wurden mehr als 110.000 Tonnen exportiert. Damit haben unsere Mitgliedsfirmen Umsätze in der Höhe von 292 Millionen Euro erzielt, was einer Exportquote von fast 58 Prozent entspricht. Die Exporte sind damit abermals ganz deutlich um circa 15 Prozent gestiegen.
Welche Bedeutung hat die Heimtierfuttermittelindustrie in der österreichischen Wirtschaft und im internationalen Vergleich? Wie war dabei die Entwicklung in den letzten Jahren?
Berghofer: Die Mitglieder der ÖHTV produzierten und vermarkteten im Jahr 2021 rund 206.000 Tonnen an Heimtiernahrungsprodukten, was einem Wachstum von plus 5,5 Prozent im Vergleich zu 2020 entspricht. Der damit erzielte Gesamtumsatz beträgt circa 506 Millionen Euro (plus 11,9 Prozent versus 2020). Unsere Mitgliedsfirmen betreiben in Österreich insgesamt sieben Produktionsbetriebe und beschäftigen direkt 1.222 Personen, um circa 12 Prozent mehr als im Jahr 2020. Hinzu kommen noch viele indirekt Beschäftigte, zum Beispiel in den Bereichen Rohstoffe, Verpackungsmaterialien, Logistik, Handel und diverse Dienstleistungen.
Von den für die Produktion nötigen Rohstoffen stammen mehr als 48.000 Tonnen aus Österreich, was einer Gesamtabdeckung von beinahe 45 Prozent entspricht. Die restlichen Rohstoffe kommen fast ausnahmslos aus benachbarten EU-Ländern. Mit der Veredelung dieser Rohstoffe zu hochwertigem Fertigfutter für Heimtiere tragen wir als ÖHTV mit viel Professionalität und Engagement zur Stärkung der österreichischen Wirtschaft bei.
Wo werden Heimtierfuttermittel in erster Linie gekauft? Wohin geht der Trend?
Berghofer: Im Jahr 2021 wurde Hunde- und Katzenfutter vermehrt im Zoofachhandel gekauft. Der Trend der letzten Jahre geht aber auch sehr stark in Richtung E-Commerce. Im Vergleich zu 2018 ist der E-Commerce-Anteil sowohl bei Hunde- als auch Katzenfutterausgaben im Jahr 2021 deutlich gestiegen. Der klassische Lebensmittelhandel bleibt aber nach wie vor der wichtigste Vertriebskanal für Tiernahrung in Österreich.
Welche weiteren Entwicklungen erwarten Sie im Licht steigender Inflation und sinkender Wirtschaftsleistung? Wie wird sich das auswirken?
Berghofer: Grundsätzlich muss man sagen, dass der Haustierbesitz und die Ernährung von Heimtieren ein äußerst stabiler und stetiger Markt sind. Der landläufige Satz „Bei Babys und Haustieren spart man zuletzt“ gilt auch weiterhin. Wir gehen daher nicht von dramatischen Änderungen aus. Etwas mehr Fokus auf den Preis von Produkten werden wir in den nächsten Monaten aber jedenfalls sehen.
Gibt es bei Heimtierfutter auch so emotionale Diskussionen wie bei Lebensmitteln? Stichworte „Barfen“ versus vegane Ernährung bei Hunden?
Berghofer: Da Haustiere als vollwertige Familienmitglieder angesehen werden, gibt es beim Heimtierfutter ebenso emotionale Diskussionen wie bei Lebensmitteln. In den letzten Jahren gab es auch einen massiven Trend zur Premiumisierung in der Tiernahrung. Mehr oder weniger alle Trends der Humannahrung finden sich auch in der Tiernahrung wieder. Beispiele dafür sind Regionales Sourcing oder Rezepturen mit so genannten Functional Benefits wie zum Beispiel für glänzendes Fell, gegen Gelenksschmerzen oder gegen Allergien.
Zum Thema Barfen (Barf = „biologisch artgerechtes rohes Futter“) muss man leider sehr deutlich sagen, dass – bei allem Verständnis dafür, dass Tierbesitzerinnen und -besitzer ihre Lieben möglichst ursprünglich und naturnah ernähren möchten – die Hygiene und die ausreichende Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen oft sehr zweifelhaft ist. Im Gegensatz dazu garantieren wir als ÖHTV bei den von uns hergestellten Produkten ganz ausdrücklich, dass unsere Produkte die Tiere mit allen erforderlichen Nährstoffen versorgen und hygienisch einwandfrei sind – also beste, hochwertige Ernährung im eigentlichen Sinn bieten.
Mehr oder weniger alle Trends der Humannahrung finden sich auch in der Tiernahrung wieder. Beispiele dafür sind Regionales Sourcing oder Rezepturen mit so genannten Functional Benefits wie zum Beispiel für glänzendes Fell, gegen Gelenksschmerzen oder gegen Allergien.
Bernd Berghofer, Geschäftsführer der Austria Pet Food GmbH
Wie sehen Sie kritische Vergleiche zwischen Heimtierfutter („Katzenmilch“) – und Lebensmittelpreisen? Ist Heimtierbesitz „Luxus“?
Berghofer: Heimtierbesitz ist sicherlich kein Luxus. Wie bei Lebensmittelprodukten gibt es auch bei Heimtierfuttermitteln Produkte in allen Preissegmenten und in allen verschiedenen Ausführungen und Qualitätsstufen. Man kann ein Haustier sehr hochwertig ernähren, gleichzeitig gibt es aber von unseren Mitgliedsbetrieben auch sehr preisgünstige Angebote, mit denen man sein Tier trotzdem ernährungsphysiologisch ausgewogen ernähren kann. Wir halten es daher auch hier für sehr wichtig, dass Konsumentinnen und Konsumenten am Regal die Wahlfreiheit haben, das Produkt auszusuchen, das sie für ihr Haustier für das beste halten.
Welche Nebenprodukte der Lebensmittelerzeugung werden für Heimtierfuttermittel verwendet?
Berghofer: Hier herrscht in der Öffentlichkeit leider ein sehr falsches Bild, weil oft von der Verwendung von minderwertigen Rohstoffen gesprochen wird. Das Gegenteil ist nämlich der Fall. Die in Heimtierfutter verarbeiteten tierischen Rohstoffe stammen ausschließlich von gesunden Tieren, die für den menschlichen Verzehr geschlachtet worden sind.
Der Begriff „tierische Nebenerzeugnisse“ meint Schlachtnebenerzeugnisse von für die menschliche Ernährung freigegebenen Schlachttieren, die aufgrund der Essensgewohnheiten von uns Menschen nicht auf unserem Tisch landen. Dazu zählen zum Beispiel Lungen, Nieren oder Leber. Für die Ernährung von Hund und Katze stellen diese Zutaten hervorragend geeignete Rohstoffe dar. Sie werden daher zu Unrecht mit dem eigentlich technischen Begriff „Schlacht-NEBEN-Produkte“ bedacht – es ist hochwertige Ernährung im besten Sinn des Wortes.
Was steckt in einer Dose Hundefutter?
Berghofer: In jeder Dose Hundefutter stecken ausschließlich frisches Fleisch und frische Fleischprodukte. Das wird ergänzt durch Gemüse, Mineralstoffe, Vitamine, Spurenelemente und alles, was ernährungsphysiologisch für einen Hund wichtig ist. Genau das ist dann auch der Mehrwert, den wir als Mitgliedsbetriebe der ÖHTV unseren Konsumentinnen und Konsumenten bieten: Wir garantieren, dass in jeder Dose, in jedem Sack Trockenfutter, in jedem Snack ausgewogene Tierernährung mit einer guten Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen für das Tier drinnen ist.
Das ist der Mehrwert, den wir unseren Konsumentinnen und Konsumenten bieten: Wir garantieren, dass in jeder Dose, in jedem Sack Trockenfutter, in jedem Snack ausgewogene Tierernährung mit einer guten Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen für das Tier drinnen ist.
Bernd Berghofer, Geschäftsführer der Austria Pet Food GmbH
Welche Schritte durchläuft so eine Dose bis ins Regal?
Berghofer: Die Produktion von Tiernahrung entspricht – sowohl was Hygiene als auch Qualitätsversprechen, Produktsicherheit und so weiter betrifft – der Produktion von Lebensmitteln und folgt den gleichen Standards. Auch unsere Betriebe werden umfassend zertifiziert und orientieren sich an den internationalen Qualitätsstandards – genau wie bei der Produktion von Lebensmitteln. Die Dose wird mit den Zutaten befüllt, verschlossen und im Autoklaven sterilisiert, sodass sie ohne Konservierungsmittel haltbar ist. Danach durchläuft sie den Verpackungsprozess, wird für die Auslieferung gelagert und dann in die Regale gebracht.
Wie wirken sich Ukraine-Krieg und Energiekrise auf die Branche aus? Gibt es Arbeitskräftemangel?
Berghofer: All diese externen Faktoren wirken sich – gleich wie auf die gesamte Lebensmittelbranche – auch für uns Produzenten in der Tiernahrungsindustrie ganz entscheidend aus. Wir sind abhängig von internationalen Nachfrageschwankungen und anderen externen Einflüssen. Es sind massive Preissteigerungen und sehr oft auch Versorgungsengpässe bei landwirtschaftlichen Produkten, insbesondere bei Fleisch, festzustellen. Dazu sind die Preise am Transportmarkt unter Druck, die Verfügbarkeit von Transportmitteln ist aufgrund des europaweiten Mangels an LKW-Fahrerinnen und -Fahrern eingeschränkt und auch die Preise für Verpackungsmaterial wie Kunststofffolien, Kartonage und Weißblechdosen unterliegen seit Monaten einer extrem starken Inflation.
Jetzt kommen dazu noch die Auswirkungen der europäischen Energiekrise. Die Tiernahrungsindustrie ist eine relativ energieintensive Industrie, da wir unsere Produkte hauptsächlich über Erhitzen haltbar machen oder trocknen. Beides ist durch die massiv gestiegenen Energiepreise natürlich eine äußerst große Herausforderung. Wir haben wirklich alle Hände voll zu tun, dass wir Preiserhöhungen rasch und vollständig an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben können. Alles andere wäre höchst gefährlich für die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit!
Dazu trifft uns wie alle anderen Branchen und so wie alle anderen Player in der Lebensmittelindustrie auch der Arbeitskräftemangel. Wir sind hier genauso gefordert, neue Strategien und Programme zu entwickeln, wie wir als Arbeitgeber in einem härter werdenden Marktumfeld für Arbeitskräfte attraktiv bleiben und so sicherstellen können, dass wir den Erfolgsweg der österreichischen Tiernahrungsindustrie in Zukunft fortsetzen können.
Was ist Ihr Lieblingsgericht?
Berghofer: Mein Lieblingsgericht sind Krautfleckerl. Aber so wie mein Hund Mikey, ein Königspudel mit vier Jahren, bin ich nicht allzu wählerisch, was Essen betrifft: Hauptsache, es schmeckt und ist gutes „Futter“.
Weitere Informationen zum Unternehmen: austriapetfood.at
Informationen zur Österreichischen Heimtierfuttermittel Vereinigung: oehtv.at
Mag. Bernd Berghofer ist seit 2013 Geschäftsführer der Austria Pet Food GmbH im burgenländischen Pöttelsdorf. Der gebürtige Burgenländer schloss 1995 sein Studium an der WU Wien ab. Danach bekleidete er Führungspositionen in verschiedenen Unternehmen der österreichischen und internationalen Markenartikelindustrie. Zwischen 1998 und 2001 war er beim ORF Burgenland. Bernd Berghofer ist seit Herbst 2021 Geschäftsführer der Österreichischen Heimtierfuttermittel Vereinigung (ÖHTV).
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