Foto: Pfahnl Backmittel GmbH
Wie ist Ihr Unternehmen – die Pfahnl Mühle – aufgebaut und wie auf die Zukunft ausgerichtet? Welche Schwerpunkte setzen Sie?
Eva Pfahnl: Unser Unternehmen gliedert sich in zwei Geschäftsbereiche – die klassische Getreidemüllerei mit der Vermahlung von Weizen und Roggen zu verschiedenen Mehlen und die Entwicklung und Produktion von Backzutaten. Diese leiten sich meist aus dem „hauseigenen“ Rohstoff Mehl ab. Zukünftig wird eine noch tiefere Spezialisierung und Abstimmung auf die Anforderungen unserer Kunden und deren Anlagen sowie Technologien erfolgen. Wie zum Beispiel Weizenmehle für Langzeitführungen (mehrstündige, langsame Gärungen), grobporige Backwaren französischer Art oder Backzutaten, die auf Verwendung von Kochstücken abgestimmt sind.
Wie stellt sich derzeit die Situation am Markt für Mehle und Backzutaten aus Ihrer Sicht dar?
Pfahnl: Der Markt für Mehle ist in Mitteleuropa eher stabil einzuschätzen. Weltweit stehen wir aber vor großen Herausforderungen aufgrund der Bevölkerungszunahme vor allem in Afrika, für die Lösungen auch auf Seiten der Landwirtschaft intensiv gesucht werden müssen. Bei Backzutaten ist in Mitteleuropa ein Trend zu „zusatzstofffrei“ deutlich erkennbar. Es gibt jedoch auch durchaus stark wachsende Länder und steigende Absätze durch innovative Produkte mit zum Beispiel Frischhaltefunktionen, Renaissancen von alten Getreidesorten und Feinbackwaren.
Welche Bedeutung hat der Export in Ihrem Unternehmen? Wie hoch ist der Exportanteil?
Pfahnl: Ein hoher Exportanteil ist für unser Unternehmen äußerst wichtig und Basis für die Zukunft. Der Exportanteil liegt derzeit bei circa 70 Prozent. Österreichische Bäckereien haben in den letzten Jahren sehr erfolgreich und höchst qualitativ den Weg zurück zu den Wurzeln eingeschlagen – allerdings modern und technologisch ausgereift. Brot soll wieder wie früher hergestellt werden und schmecken. Es gibt aber auch andere, moderne Beispiele für Backwaren, die oftmals außerhalb Österreichs entstehen und die die Branche wachsen lassen. Denken Sie nur an den Insekten-Burger, der in der Schweiz zur Marktreife gebracht wurde, an Pane Nero – Brot mit attraktiver schwarzer Farbe – oder auch glutenfreie Produkte, die im angloamerikanischen Raum entstanden sind. Viele Innovationen wären ohne den Absatz außerhalb von Österreich schon allein aufgrund der kleineren Mengen unserer Volkswirtschaft nicht möglich.
Österreichische Bäckereien haben in den letzten Jahren sehr erfolgreich und höchst qualitativ den Weg zurück zu den Wurzeln eingeschlagen – allerdings modern und technologisch ausgereift. Brot soll wieder wie früher hergestellt werden und schmecken.
Eva Pfahnl, Geschäftsführerin Pfahnl Backmittel
Wie sehen Sie die Situation in Ihrer Branche – welche Themen und Probleme bewegen Sie?
Pfahnl: Die gesamte Branche ist sehr schnelllebig. Änderungen kommen rasch und häufig. In der Getreidemühlerei rechne ich mit einem Strukturwandel, ausgehend von der Änderung unserer Kunden im Bereich der Bäckerei. Handwerkliche Mühlen ohne Zusatzfelder werden in Zukunft schwer Absatz finden. Im Bereich der Backzutaten ist die österreichische der europäischen Situation ähnlich – kein rasanter Wachstumsmarkt, jedoch mit vielen Möglichkeiten für hervorragende Produkte.
Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Unternehmens?
Pfahnl: Die erfolgreiche Entwicklung unseres Unternehmens konnte und kann nur durch Mitarbeiter mit exzellentem fachlichem Know-how, organisatorischen und menschlichen Fähigkeiten wie Ehrgeiz und dem Mut zu Änderungen stattfinden. Gemeinsam können wir das Unternehmen eine entsprechende Zeitspanne vorwärtstreiben. Unverzichtbar sind für uns Expertennetzwerke ebenso wie Kunden, die gemeinsam mit uns arbeiten.
Welche Vor- und Nachteile hat der Standort Österreich aus Ihrer Sicht?
Pfahnl: Vorteile am Standort Österreich sind sicherlich die größtenteils sehr anregende Arbeitsumgebung, das gute Freizeitangebot und die Sicherheit im Land. Nachteile sehen wir in der Kleinstrukturiertheit, den extrem hohen Lohnnebenkosten und der teilweise ausufernden Bürokratie sowie oft nicht zielführendem Föderalismus.
Welche Wünsche haben Sie an die Politik?
Pfahnl: Sehr gute Ausbildung, beginnend mit einer perfekten sprachlichen Basis für Menschen mit Migrationshintergrund, das Begeistern von jungen Schülern auch für technische und IT-Berufe sowie generell für Naturwissenschaft, was meiner Meinung nach im Grundschulbereich zu kurz kommt. Wünschen würde ich uns für die Zukunft auch eine Verschlankung der Bürokratie, Transparenz mit Fokussierung auf wesentliche Funktionen und ein weltoffenes, modernes Wirtschaftsklima mit Besinnung auf unsere Stärken. Wichtig wäre auch ein achtsamer Umgang mit Steuergeldern.
Wie ist Ihre Reaktion als Unternehmen auf gesellschaftliche Trends wie vegan oder vegetarisch, glutenfrei beziehungsweise generell „free from ...“?
Pfahnl: Wir bieten unseren Kunden im Rahmen unseres Produktportfolios Antworten auf gängige Trends wie vegan, vegetarisch und „free from …“, da auch unseren Kunden moderne Backwaren angeboten werden. Oftmals hat sich auch historisch gesehen beispielsweise Milchpulver in einer Rezeptur befunden, das heutzutage bei gleichbleibendem Geschmack sehr gut durch andere pflanzliche Rohstoffe ersetzt werden kann – und hier ist die Auslobung „vegan“ dann auch sehr einfach möglich. Glutenfreie Produkte bieten wir aus Rücksicht auf unsere Herkunft derzeit nicht an. Jedoch ist es mir in diesem Zusammenhang wichtig zu erwähnen, dass auch wir eine größere Abwechslung der Getreidesorten mit Roggen, Hafer, Dinkel und vielen mehr befürworten.
Wie wird in Ihrem Unternehmen mit dem Thema Nachhaltigkeit umgegangen?
Pfahnl: Als Unternehmen mit langer Tradition haben wir schon seit jeher auf Nachhaltigkeit geachtet und lange Zeit unsere Produktion mit eigener, nachhaltig erzeugter Energie versorgt. Größte Rolle spielen in unserem Unternehmen derzeit ein hoher Nutzungsgrad und Effizienz von Maschinen, neue Technologien, Reduktion des Energiebedarfes und Zuführung der pflanzlichen Abfälle zur Wärmegewinnung.
Als Unternehmen mit langer Tradition haben wir schon seit jeher auf Nachhaltigkeit geachtet und lange Zeit unsere Produktion mit eigener, nachhaltig erzeugter Energie versorgt.
Eva Pfahnl, Geschäftsführerin Pfahnl Backmittel
Welchen Stellenwert haben Innovation und Qualitätsmanagement in Ihrem Unternehmen?
Pfahnl: Innovation und Qualitätsmanagement sind eine der wichtigsten Säulen in unserem Unternehmen. Innovationen leiten wir einerseits von Kooperationen mit Forschungseinrichtungen wie Universitäten, übergeordneten Projekten und der Durchführung von Diplom- und Bachelorarbeiten ab, andererseits aber auch von Korrekturmaßnahmen und Verbesserungsmaßnahmen aus dem Qualitätsmanagement, die in geeigneter Arbeitsumgebung sehr häufig zu neuen Möglichkeiten und hoher Dynamik bei Innovationen führen. „Safety first“ möchten wir in allen Abteilungen und Hierarchien als zentrales Schlüsselwort prägen, einhergehend mit einem hohen Maß an Eigenverantwortlichkeit bei jedem einzelnen Mitarbeiter.
Was ist Ihr Lieblingsessen?
Pfahnl: Sehr gerne esse ich in anderen Ländern lokale Spezialitäten und lasse mich auch von modernen Nahrungsmitteln wie Algen und Insekten überraschen. Meine Lieblingsspeisen in Österreich allerdings sind „Klassiker“ wie Grießnockerlsuppe, ein frisches Roggenbrot mit Schnittlauch, alle Arten von Strudel und als Nachspeise Salzburger Nockerl oder Kaiserschmarren.
Weitere Informationen zum Unternehmen: pfahnl.at
DI Eva Pfahnl ist Geschäftsführerin der Pfahnl Backmittel GmbH und leitet die Entwicklungsabteilung im Unternehmen. Zudem steht sie dem österreichischen Verband der Backmittelindustrie und der Arbeitsgemeinschaft Backmittel als Obfrau vor. Die Lebensmittel- und Biotechnologin stammt von einer oberösterreichischen Mühle ab. Sie führte die Firma Pfahnl als einen der ersten Lebensmittelbetriebe zur ISO-9001-Zertifizierung und baute die Abteilung Produktentwicklung als eine der Säulen für den nationalen und internationalen Vertrieb des Unternehmens auf.
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