Foto: Mars Austria, Sebastian Philipp
Herr Dialer, die Geschichte von Mars reicht über 100 Jahre zurück. Was macht das Unternehmen auf lange Sicht erfolgreich?
Andreas Dialer: Als Familienunternehmen denkt Mars immer daran, relevant für die nächsten Generationen zu sein. Das gilt für unsere Marken und Produkte ebenso wie für Produktionsweisen und Vermarktung. Wir wissen, dass wir in einer Zeit der großen Business-Transformation stehen. Es gilt, ständig innovativ zu sein, um zu wachsen, sich anzupassen und laufend zu verändern – damit unsere Kunden, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unsere Gesellschaft von unserem Unternehmen profitieren.
Welche Strategie verfolgen Sie mit Mars in Österreich?
Dialer: Wir wollen in allen drei Produktkategorien – Süßwaren, Heimtiernahrung und Lebensmittel – in Österreich durch relevante Konsumentenangebote und ein gutes Produktportfolio weiter wachsen, die hohe Exportquote unserer beiden Fabriken ausbauen und mit unseren drei österreichischen Standorten ein attraktiver Arbeitgeber sein. Das bedeutet, dass wir in einem dynamischen Umfeld agil und nachhaltig agieren wollen. Wir müssen immer ein Auge nach vorne richten, um Entscheidungen zu treffen, die uns helfen, kurzfristig Fortschritte zu erzielen, ohne die Zukunft, die wir schaffen wollen, zu beeinträchtigen.
Es gibt immer wieder mediale Diskussionen über Ernährung. Das reicht von Zucker bis zur Herkunft. Wie sehen Sie eine mögliche Besteuerung von Zucker, Salz oder Fett?
Dialer: Lebensmittel sind ein wertvolles Gut und ein gewisses Maß an Bewusstseinsbildung rund um das Thema Ernährung und Lebensmittel sehe ich positiv. Langfristige Essgewohnheiten und einen aktiven Lebensstil sehe ich als relevant für das Wohlbefinden. Die ausufernde Diskussion und die Verteufelung einzelner Produkte oder Rohstoffe sind allerdings in der Ernährungsdebatte nicht zielführend. Lösungen für die Praxis liegen in einer gesteigerten kulinarischen Bildung und in einer eigenverantwortlichen Lebensführung. Ich halte nichts von Steuern auf zucker- oder fetthaltige Lebensmittel; Steuern verändern nicht das Verhalten und leisten keinen Beitrag zu einem gesünderen Lebensstil.
Ich halte nichts von Steuern auf zucker- oder fetthaltige Lebensmittel; Steuern verändern nicht das Verhalten und leisten keinen Beitrag zu einem gesünderen Lebensstil.
Andreas Dialer, Geschäftsführer der Mars Austria OG
Wie gehen Sie strategisch mit solchen Themen um?
Dialer: Als Hersteller von Lebensmitteln sehen wir uns natürlich in der Verantwortung, Rezepturen laufend zu verbessern und deutliche Kommunikationsmaßnahmen zu setzen. Wir waren Vorreiter in der Branche bei der Reduktion gesättigter Fettsäuren in unseren wichtigsten Schokoriegel-Produkten – Mars, Snickers und Milky Way. In Österreich verkaufen wir kein Schokoladeprodukt mit mehr als 250 Kalorien pro Portion. Wir haben uns selbstverpflichtet, den Zuckerzusatz bei bestimmten Food-Produkten zu reduzieren. Damit unterstützen wir die WHO-Ziele, den Konsum von zugesetztem Zucker auf 10 Prozent der Kalorienaufnahme zu begrenzen.
Wie reagieren Sie auf die Marktmacht des Lebensmitteleinzelhandels? Wie sehen Sie die Entwicklung der zunehmenden Eigenmarken in diesem Bereich?
Dialer: Für uns als Markenartikelhersteller ist diese Entwicklung ein Auftrag, noch schneller zu agieren und innovative Lösungen für Konsumententrends anzubieten. Darin sehen wir auch unsere Rolle, die in unserem Unternehmenszweck beschrieben ist: Die Welt, die wir uns morgen wünschen, beginnt damit, wie wir als Unternehmen heute handeln.
Die Welt, die wir uns morgen wünschen, beginnt damit, wie wir als Unternehmen heute handeln.
Andreas Dialer, Geschäftsführer der Mars Austria OG
Die weltweite Nachfrage nach Kakao und Schokolade wächst konstant. Was unternehmen Sie für eine faire und nachhaltige Kakaogewinnung?
Dialer: Seit nahezu 40 Jahren setzt sich Mars dafür ein, dass die Kakaowirtschaft – vom Feld bis zur Fabrik – eine dynamische, faire und umweltfreundliche Branche sein kann. In den vergangenen Jahren wurden beachtliche Fortschritte erzielt. Trotzdem spiegeln sich diese bislang nicht mit angemessener Geschwindigkeit im Einkommen beziehungsweise den Lebensbedingungen der Farmer wider. Heute stammen mehr als 50 Prozent des von Mars verarbeiteten Kakaos aus zertifiziert nachhaltigen Quellen – und wir arbeiten auch in Zukunft mit „Fairtrade“ und „Rainforest Alliance“ zusammen.
Sie haben eine neue Nachhaltigkeitsstrategie für Kakao entwickelt. Wie zufrieden sind Sie damit? Wie wird es damit weitergehen?
Dialer: Wir haben im September 2018 unseren neuen Plan „Cocoa for Generations“ vorgestellt. Er stellt die Interessen der Kleinfarmer in den Mittelpunkt, ist auf den Schutz von Kindern und Wäldern ausgerichtet und trägt dazu bei, einen Weg zur Förderung von Kakaofarmern beziehungsweise Kakao anbauenden Gemeinschaften zu ebnen. „Cocoa for Generations“ ist durch eine Investition in Höhe von 1 Milliarde US-Dollar über zehn Jahre gesichert und stärkt die „Sustainable in a Generation“ Plan-Investition, die Mars vergangenes Jahr ankündigte.
Wie stehen Sie zum Vorwurf, dass die Werbung für süße Produkte speziell auf Kinder abziele und schuld an zunehmender Fettleibigkeit sei? Wie reagieren Sie im Unternehmen darauf?
Dialer: Mit unseren Marken erreichen wir Millionen von Konsumentinnen und Konsumenten weltweit. Das gibt uns eine große Verantwortung, der wir uns bewusst sind. Deshalb haben wir in unserem globalen Marketingkodex klare Richtlinien festgelegt, wie wir für unsere Lebensmittel, Süßwaren und Kaugummiprodukte werben. Als erster Lebensmittelhersteller hat sich Mars 2007 weltweit dazu verpflichtet, seine Produkte und Leistungen nicht bei Kindern im Alter von 12 Jahren oder jünger zu bewerben. Diese Verpflichtung gilt für alle Medien einschließlich des Internets und wird von uns konsequent überprüft und weiterentwickelt.
Als erster Lebensmittelhersteller hat sich Mars 2007 weltweit dazu verpflichtet, seine Produkte und Leistungen nicht bei Kindern im Alter von zwölf Jahren oder jünger zu bewerben.
Andreas Dialer, Geschäftsführer der Mars Austria OG
Wie sehen Sie die Diskussion über Palmöl? Wie gehen Sie damit um? Werden Sie Ihre Rezepturen umstellen und ohne Palmöl produzieren? Wie wird dann das Thema Transfette gelöst werden?
Dialer: Wir verwenden für unsere Produkte verschiedene pflanzliche Öle. Darunter sind auch geringe Mengen an Palmöl, um den richtigen Geschmack, die richtige Konsistenz und andere Eigenschaften zu erreichen. Seit 2010 engagieren wir uns mit starken Partnerschaften und einem eigenen Beschaffungsprogramm intensiv für einen besonders nachhaltigen Anbau von Palmöl entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Seit 2013 beziehen wir unseren Bedarf an Palmöl bereits vollständig aus RSPO-zertifizierten Quellen (Anmerkung der Redaktion: RSPO = Roundtable on Sustainable Palm Oil). Darüber hinaus haben wir 2014 mit TFT – The Forest Trust – eine vollständige Rückverfolgbarkeit bis zur Mühle entwickelt. Wir arbeiten mit unseren Partnern weiter an einer nachhaltigen Palmöl-Lieferkette.
Wie zufrieden sind Sie mit Österreich als Standort? Breitenbrunn ist ja das globale Waffel-Kompetenzzentrum des Konzerns, in Bruck an der Leitha ist eine Fabrik für Heimtiernahrung und in Wien der Bürostandort.
Dialer: Österreich ist ein guter Standort. Wir haben gut ausgebildete Arbeitskräfte, Rechtssicherheit und hervorragende Lebensbedingungen in einem sicheren Land. Die Bürokratie und der Verwaltungsaufwand – vom Lohnsystem bis zur Aufenthaltsgenehmigung internationaler Fachkräfte – bereiten jedoch viel mehr Aufwand als in anderen Ländern. Auch die hohe individuelle Steuerbelastung macht es oft schwierig, im internationalen Umfeld Österreich als attraktiven Standort zu positionieren.
Was ist Ihr Lieblingsessen?
Dialer: Im Moment alles, was mein 19-jähriger Sohn in seiner Freizeit für die Familie kocht. Er kommt nach mir und hat großen Spaß am Kochen. Er ist sehr experimentierfreudig – so komme ich in den Genuss ganz unterschiedlicher Gerichte.
Weitere Informationen zum Unternehmen: mars.at
Andreas Dialer ist seit Mai 2016 Geschäftsführer der Mars Austria OG. Nach seinem Studium an der Wirtschaftsuniversität Wien startete der gebürtige Niederösterreicher seine Karriere als Trainee bei Mars Austria. In den Folgejahren war er in verschiedenen Management-Positionen in der heimischen Mars Niederlassung tätig. 2002 ging Dialer zu Mars Deutschland, wo er 2008 General Manager der Lebensmittelsparte wurde. Nach seiner Rückkehr nach Österreich 2012 war er als Leiter für die Mars Region Baltics Balkan Adriatic für 14 Märkte in Süd- und Osteuropa verantwortlich.
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