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Vom Anlegen von Vorräten bis zum Kauf von Zutaten für das Kochen daheim: Die Coronakrise hat auch die Lebensmitteleinkäufe der österreichischen Bevölkerung beeinflusst. Verschiedene Studien zeigen: Viele Menschen setzten verstärkt auf lang haltbare, lagerfähige Lebensmittel – und sie griffen häufiger zu heimischen Produkten.
In Österreich ist die Versorgung mit ausreichenden und sicheren Lebensmitteln jederzeit sichergestellt. Zu Hamsterkäufen kam es nach Ausbruch der Coronapandemie dennoch: Laut den Daten der RollAMA (rollierende Agrarmarktanalyse) für das erste Quartal 2020 deckten sich viele Österreicherinnen und Österreicher bereits vor dem ersten Lockdown Anfang März 2020 verstärkt mit Vorräten ein – vor allem Haushalte mit jungen Menschen (bis 29 Jahre) und solche mit älteren, berufstätigen Personen (ab 50 Jahre).
Mit der behördlichen Schließung der Gastronomie (Außer-Haus-Verzehr) und der Ankündigung von Ausgangsbeschränkungen gab es rund 30 Prozent mehr Einkaufsmenge und Umsatz. Im März 2020 erreichte der Lebensmitteleinzelhandel ein wertmäßiges Plus von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im ersten Quartal waren vor allem Fertiggerichte absolute Topseller: Sie verzeichneten ein abgesetztes Mengenplus von 20 Prozent.
Zu Beginn der Coronakrise stach besonders die Woche vor dem ersten Lockdown heraus: Vom 9. bis zum 15. März 2020 stiegen die Einkaufszahlen im Lebensmitteleinzelhandel stark an. Die Handelszahlen von Nielsen zeigen den Umsatzzuwachs in Prozent – im Vergleich zur Vorjahresperiode:
(Quelle: Nielsen Retail Measurement Services Austria, LH exkl. Hofer/Lidl; Datenbasis bis inklusive 29. März 2020)
Insbesondere länger haltbare Produkte wie Haltbarmilch waren gefragt. Aber auch zu Obst und Gemüse in Konserven oder in tiefgekühlter Form sowie zu Fertiggerichten wurde verstärkt gegriffen. Der Vorteil: Diese können gut gelagert werden. Da in der Krise häufiger gekocht wurde, legten auch die Einkäufe von klassischen Kochzutaten wie Eiern, Kartoffeln, Frischgemüse und Butter laut RollAMA signifikant zu.
Die verstärkte Nachfrage hielt im Jahr 2020 an, wie das RollAMA-Haushaltspanel für das Gesamtjahr zeigt: Die Österreicherinnen und Österreicher gaben 2020 für Frischeprodukte und Fertiggerichte pro Monat und Haushalt 170 Euro aus. Damit ließen die Haushalte im Durchschnitt rund 20 Euro mehr pro Monat im Lebensmitteleinzelhandel als in den vorigen Jahren. Diese Entwicklung ist darauf zurückzuführen, dass der Außer-Haus-Verzehr durch die Schließungen der Gastronomie nicht möglich war und eine Verköstigung primär in den eigenen vier Wänden stattfinden musste.
Ob Konserven oder Tiefkühlware: In der Coronakrise griffen die Österreicherinnen und Österreicher vermehrt zu länger haltbaren Lebensmitteln. Foto: adisa / Adobe Stock
Die RollAMA-Marktdaten zeigten auch, dass der Anteil an Lebensmitteln, die in Aktionen gekauft wurden, im Zuge von Ausgangsbeschränkungen zurückging. Dies lässt sich dadurch erklären, dass den Konsumentinnen und Konsumenten in Zeiten der Krise die Versorgungssicherheit am wichtigsten war.
Das RollAMA-Haushaltspanel für das Gesamtjahr 2020 ergab, dass das Qualitätsbewusstsein bei der Bevölkerung immer größer wurde. 59 Prozent der Befragten gaben an, beim Einkauf von Lebensmitteln eher auf die Qualität als auf den Preis zu achten. Punkten konnten Lebensmittel „Made in Austria“.
Eine Online-Umfrage der AMA zeigte außerdem: Fast sechs von zehn Befragten gingen im April 2020 seltener einkaufen als vor der Coronakrise und beinahe fünf Prozent kauften nicht mehr selbst im Handel ein. Die Einkaufsfrequenz sank, dafür wurde in größeren Mengen eingekauft.
In der Coronakrise am meisten zugelegt hatte der Online-Handel. In Bezug auf Lebensmittel äußerte sich dies jedoch noch nicht allzu stark: Rund drei Prozent der Befragten gaben in der AMA-Umfrage an, seit Beginn der Coronakrise die Lieferdienste der Supermärkte in Anspruch zu nehmen. Diese wurden vor allem von den älteren Risikogruppen genutzt. Eine Analyse des Gallup Instituts in Kooperation mit dem Institut für Handel und Marketing der Wirtschaftsuniversität Wien erkannte die Rückkehr des Einkaufszettels: Die Menschen verweilten – mit Mund-Nasen-Schutz – kürzer im Supermarkt und planten ihre Einkäufe besser.
Das RollAMA-Haushaltspanel für das gesamte Jahr 2020 zeigt die Veränderung des Lebensmittelkonsums in Österreich: Beispielsweise wurde mehr daheim gekocht, da die Gastronomie während der Lockdowns geschlossen war. Außerdem verbrachte ein großer Teil der Bevölkerung aufgrund der Ausgangsbeschränkungen mehr Zeit zu Hause. Die Auswahl der gekochten Speisen wurde jedoch nicht vielfältiger. Die Mehrzahl der österreichischen Haushalte bereitet zwischen fünf und 20 verschiedenen Gerichten pro Monat als Hauptmahlzeit zu.
2021 kehrte wieder mehr Normalität ein: Die Frischwareneinkäufe lagen nur noch gering über dem Vorjahr. Auch in den „Hamsterkauf-Kategorien“ – wie Konserven und Backzutaten von Milch und Butter bis zu Eiern – war seit dem Ende des letzten Lockdowns im ersten Quartal ein Rückgang spürbar. Die zwischenzeitliche Lockerung der Coronabeschränkungen und das Grillwetter sorgten für mehr Fleischeinkäufe. Dabei spielten auch Aktionsangebote eine Rolle.
Jedoch hatte sich das Kaufverhalten allgemein geändert: Insbesondere junge Menschen kauften mehr ein und kochten selbst als vor der Krise. So wurden die – bei jüngeren Konsumentinnen und Konsumenten – beliebten Kategorien wie Beerenobst, Milchmischgetränke und frische Fertiggerichte 2021 zu Wachstumssiegern. Bei Bio-Produkten stiegen die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent – sie waren vor allem bei jungen Zielgruppen und Haushalten mit kleinen Kindern gefragt.
2022 hatte Corona kaum noch Einfluss auf das Einkaufsverhalten. Die Lockerung der Coronabeschränkungen und das Grillwetter im Sommer sorgten wieder für mehr Fleischeinkäufe. Dabei spielten auch Aktionsangebote eine Rolle. Weitere Informationen zum Lebensmitteleinkauf finden Sie hier: Lebensmittelkonsum: So isst Österreich.
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