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Vom Trocknen über das Destillieren, Pasteurisieren oder Homogenisieren bis hin zum Kochen von Zutaten: In vielen Prozessen der Lebensmittelproduktion werden erhebliche Mengen Wärme gebraucht, aber auch freigesetzt. Die Nutzung der anfallenden Abwärme bietet Potenzial, um die Energieeffizienz in der Produktion zu erhöhen und Kosten zu sparen. Wir stellen Ihnen hier beispielhaft einige Ansätze und Best Practice-Lösungen vor.
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Von Bier zu Wärme: Die Abwärme aus dem Brauprozess liefert Energie für 65.000 m² Fläche im Brauquartier Puntigam. Video: Brau Union Österreich
Manche Produktionsverfahren erfordern das Erhitzen beziehungsweise Abkühlen von großen Mengen an Lebensmitteln oder Nutzwasser – zum Beispiel für die Reinigung von Anlagen. Solche energieintensiven Prozesse sind unter anderem in Bäckereien, fleischverarbeitenden Betrieben, Molkereien, der Obst- und Gemüseverarbeitung oder in Brauereien erforderlich.
Beim Brauprozess fällt viel Abwärme an. Ihre Rückführung und Verwendung in der Produktion hilft, den Energieverbrauch zu senken. Das machen sich Brauereien zunehmend zunutze. Dies zeigen folgende Beispiele: Die Brauerei Ottakringer setzt auf die Wärmerückgewinnung aus ihrem größten Kältekompressor. Dabei wird die Abwärme, die etwa beim Kühlen der Brauwürze entsteht, in den Produktionsprozess zurückgeführt. Die Vorarlberger Mohrenbrauerei nutzt die Abwärme der Kälteanlage für Produktions- und Heizzwecke. Brauereien wie Puntigam oder Schwechater gehen noch einen Schritt weiter: Sie nutzen die anfallende Abwärme auch, um Haushalte und Unternehmen mit Fernwärme zu versorgen.
In vielen Fällen ist die Rückgewinnung und Integration der anfallenden Abwärme sinnvoll. Dabei gilt: Je höher die Temperatur und die Leistung der Abwärme ist, desto wirtschaftlicher lässt sie sich nutzen. So kann beispielsweise die Abwärme von Kühlmaschinen direkt zur Wärme- oder Kälteversorgung im Betrieb verwendet werden. Das spart den Einsatz von fossilen Energieträgern wie Erdgas, Öl oder Kohle, wodurch CO2-Emissionen reduziert werden.
Bevor die Abwärme an anderer Stelle genutzt werden kann, muss sie technisch wieder verfügbar gemacht werden. Dazu werden sogenannte „Wärmeübertrager“ (auch: Wärmetauscher) eingesetzt. Kann die anfallende Abwärme nicht sofort genutzt werden, lässt sie sich in einem Wärmespeicher zwischenspeichern.
Bei der Herstellung von Toast- und Sandwichbrot geht die Meisterbäckerei Ölz neue Wege: Sie gewinnt die beim Backprozess entstehende Wärme durch vier Glattrohrwärmetauscher in den Kaminen zurück. Die rückgewonnene Wärme wird an das Wärmeverbundnetz des Unternehmens angeschlossen. Sie wird so zum Backen und als Energiequelle verwendet. Das vom europäischen EFRE-Fonds kofinanzierte Projekt spart rund 245 Tonnen CO2 jährlich, was einem Gasverbrauch von 141 Haushalten entspricht. Beim Kartoffelspezialitäten-Hersteller 11er nutzt eine Rückgewinnungsanlage die beim Frittieren, Dampfschälen und Blanchieren entstehende Wärme zur Aufheizung von Nutzwasser. So werden unnötige CO2-Emissionen vermieden.
Der Wurstspezialist Wiesbauer verfügt über ein betriebseigenes Blockheizkraftwerk. Dieses verwendet durch Wärmerückgewinnung die Abwärme der Kühlmaschinen für die Aufbereitung von Warmwasser und die Dampferzeugung zum Brühen der Würste. Der Salzburger Käsehersteller Woerle setzt auf Wärmerückgewinnung mittels Wärmeschaukeln. Wärmequellen werden mit Wärmsenkern verbunden, um thermisch Energie einzusparen.
Sind die in der Produktion anfallenden Abwärmeströme zu kühl für eine direkte Verwertung, bietet sich Potenzial für den Einsatz großer Wärmepumpen – man spricht hier auch von „Industriewärmepumpen“ oder „Hochtemperaturwärmepumpen“. Damit lassen sich die Temperaturen der Abwärme anheben, damit diese genutzt werden kann. Die Wärme kann dann beispielsweise für die Reinigung von Anlagen mit Warmwasser eingesetzt werden. Nicht zuletzt lässt sich Abwärme auch als treibende Kraft nutzen, um Kälte oder Strom zu erzeugen.
Nicht nur für Heiz- und Kühlzwecke im Betrieb lässt sich Abwärme einsetzen – sie kann auch an andere Nutzerinnen und Nutzer abgegeben werden, indem sie ins Fernwärmenetz geleitet wird. Ein Beispiel: Der Süßwarenhersteller Manner speist jährlich rund 5,6 Millionen Kilowattstunden (kWh) in das Wiener Fernwärmenetz ein und versorgt so rund 600 Haushalte und Betriebe in der Nachbarschaft. Die Tirol Milch beliefert mit der Abwärme aus der Milchverarbeitung etwa 640 Haushalte mit Fernwärme.
Im Brauquartier Puntigam in Graz versorgt die Abwärme der benachbarten Brauerei Puntigamer rund 800 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen sowie einen Kindergarten mit Fernwärme. Somit bildet die Abwärme aus der Kühlung der Gär- und Lagertanks die Basis für die Heizung und Warmwasserversorgung des Stadtquartiers.
Neben der Nutzung von Abwärme setzen Hersteller in der Produktion auf weitere Initiativen zum Schutz der Umwelt. Hier erfahren Sie mehr zur Senkung von CO2-Emissionen in der Lebensmittelherstellung und Energieeffizienz in der Produktion.
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