Foto: Rauch
Bei der Verbrennung von Kohle, Erdöl oder Erdgas entsteht Kohlendioxid (CO2), das in die Atmosphäre gelangt und dort zum Treibhauseffekt führt. Immer mehr Lebensmittelunternehmen setzen daher auf Dekarbonisierung – darunter fallen alle Maßnahmen, die den Ausstoß von CO2 verringern oder vermeiden. Beispiele sind die Stromerzeugung aus Sonnenkraft, die Nutzung von Abwärme in der Produktion oder die Umstellung von Fuhrparks auf Elektrofahrzeuge.
Ein wichtiger Schritt ist der Umstieg von fossiler Energie auf Strom aus sogenannter erneuerbarer Energie: Viele Unternehmen der Lebensmittelindustrie beziehen ihren Strom bereits aus erneuerbaren Energiequellen wie Wasserkraft, Windkraft oder Sonnenkraft – vielfach aus ihrer Region.
Unternehmen wie der Kartoffelspezialist 11er, der Waffel- und Schokoladehersteller Loacker, Ölz der Meisterbäcker, die Getränkehersteller Coca-Cola HBC Austria, Rauch und Spitz sowie Mineralwasserabfüller wie Starzinger oder Waldquelle und der Feinkosthersteller Mautner Markhof beziehen für ihre Produktion bereits zu 100 Prozent Ökostrom.
Darüber hinaus gewinnen immer mehr Betriebe ihren eigenen „grünen“ Strom. Viele Produktionsstätten haben Dachflächen, die für Photovoltaik- oder Solaranlagen genutzt werden können. Andere wiederum erzeugen Energie aus Wasserkraft oder Biomasse. Der Vorteil: Die für die Lebensmittelherstellung benötigte Energie oder ein Teil davon wird vom Unternehmen selbst und ohne fossile Brennstoffe gewonnen. Das spart Emissionen ein und schützt das Klima.
Das Vorarlberger Unternehmen 11er betreibt seit April 2021 eine hochmoderne Photovoltaikanlage auf dem Dach des Tiefkühlhauses in Frastanz. Video: 11er
Viele Lebensmittelunternehmen gewinnen selbst Strom aus Photovoltaik- und Solaranlagen. Im September 2019 ging auf dem Dach des Produktions- und Logistikzentrums von Coca-Cola HBC Austria in Edelstal die mit fast 3 Megawatt Peak (MWp) Leistung größte Photovoltaikanlage im Burgenland im Betrieb. Auf dem Dach des Produktionsstandorts von Rauch in Nüziders befindet sich die größte Solaranlage auf einem begrünten Dach in Vorarlberg.
Der Wurstspezialist Wiesbauer installierte 2020 am Dach des Wiener Stammbetriebs eine 2.000 Quadratmeter große Photovoltaikanlage, die jährlich rund 250.000 Kilowattstunden zur Abdeckung des Strombedarfs liefert. Im Jahr 2022 soll die Fläche verdoppelt werden, um zukünftig 8 Prozent des Strombedarfs über Solarenergie zu decken und 170 Tonnen CO2 einzusparen.
Am Dach der Manner-Produktionsstätte im niederösterreichischen Wolkersdorf wurde 2021 auf 6.000 Quadratmetern eine Photovoltaikanlage in Betrieb genommen. Diese erzeugt etwa 500.000 Kilowattstunden Ökostrom jährlich – das entspricht der Strommenge, die zum Beispiel die gesamte Produktion der Napoli Dragee Keksi erfordert.
Auch weitere Unternehmen wie Kelly (Anlage in Wien in Betrieb, in Feldbach in der Steiermark geplant), der Gemeinschaftsverpfleger GOURMET, Mautner Markhof, die Privatbrauerei Zwettl, und die Vereinigten Eisfabriken und Kühlhallen in Wien produzieren Strom aus Sonnenkraft.
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Der Getränkehersteller Rauch erzeugt mit einer eigenen Photovoltaik-Anlage in Nüziders, Vorarlberg, nachhaltigen Strom. Video: illwerke vkw
Nicht nur mit der Kraft der Sonne wird Energie gewonnen. Der Kartoffelspezialist 11er setzt zusätzlich zu Photovoltaik auch auf eine Biogasanlage. Das 2008 eröffnete Biomassekraftwerk des Getränkeherstellers Spitz war das erste solche Werk eines Lebensmittelproduzenten in Europa. Der Margarine- und Speisefetthersteller SENNA spart mit einer Wärmepumpe nachhaltig Energie und die Strudelteigmanufaktur WEINBERGMAIER, die zur Vivatis Holding gehört, setzt im Werk in Wolfern auf eine energieeffiziente Kälteanlage. Der Getränkehersteller Starzinger betreibt in Frankenmarkt an der Vöckla in Oberösterreich ein Laufkraftwerk. Der hier gewonnene Strom aus Wasserkraft deckt den Bedarf der Privatbrauerei Bräu am Berg, Überschüsse werden ins öffentliche Netz eingespeist.
Auch bei den einzelnen Produktionsschritten zur industriellen Herstellung von Lebensmitteln kann CO2 eingespart werden. Die Maßnahmen reichen von der Erhöhung der Energieeffizienz über die Wiederaufbereitung von Abwasser bis zur Rückgewinnung von Abwärme in der Produktion. Das europaweite Projekt GREENFOODS unterstützt Lebensmittel- und Getränkeproduzenten dabei, die Energieeffizienz zu steigern und CO2-Emissionen zu senken.
Am Weg zur klimaneutralen Produktion: Die AGRANA Stärke GmbH – hier die Fabrik in Gmünd – entwickelt einen innovativen Infrarot-Sensor, um den Energiebedarf bei Trocknungsprozessen zu reduzieren. Foto: AGRANA
Die Herstellung von Lebensmitteln erfordert den Einsatz von Energie. Die Lebensmittelunternehmen setzen laufend Maßnahmen für mehr Energieeffizienz. Drei Beispiele: Durch die Erneuerung der Motoren bei Lüftungsanlagen und Gebäudeheizungspumpen sparte Kelly fast ein Drittel des Energieverbrauchs ein. Die AGRANA Stärke GmbH beteiligt sich an einem Forschungsprojekt zur Entwicklung fortschrittlicher Trocknungstechnologien – diese soll ab 2024 in der Stärkefabrik Gmünd rund die Hälfte der für diesen Prozess erforderlichen Energie einsparen. Snack & Back spart durch den Umbau des Produktionsstandorts im steirischen Feldbach rund 150 Tonnen CO2 pro Jahr ein.
Einen anderen Weg geht 11er: Mit der eigenen Abwasser-Aufbereitungsanlage wird nicht nur der Wasserverbrauch verringert: Das aufbereitete Wasser lässt sich auch wieder direkt in der Produktion einsetzen. Mautner Markhof setzt auf effiziente Technologien, um Abwasser zu reduzieren und spart so rund 26.450 Kubikmeter Abwasser pro Jahr ein. Auch die bei der Lebensmittelherstellung entstehende Abwärme lässt sich vielseitig nutzen.
Wiesbauer verfügt über ein betriebseigenes Blockheizkraftwerk, das durch Wärmerückgewinnung die Abwärme der Kühlmaschinen für die Aufbereitung von Warmwasser und die Dampferzeugung zum Brühen der Würste verwendet.
Hier finden Sie Beispiele verschiedener Unternehmen: Rückgewinnung von Abwärme.
Der Verkehr ist einer der Hauptverursacher von CO2-Emissionen in Österreich und Europa. Um ihre Logistik klimafreundlich zu gestalten, gehen die Unternehmen der Lebensmittelindustrie unterschiedliche Wege. Ein Ansatz ist, die Transportwege und Lieferketten noch effizienter zu gestalten und etwa mehr Transporte auf Schienen zu verlegen. Aber auch alternative Antriebe wie Elektromobilität oder Wasserstoff gewinnen an Bedeutung.
Immer mehr Unternehmen der Lebensmittelindustrie setzen für ihren Fuhrpark auf Elektromobilität – hier ein E-Auto beim Laden. Foto: Ronald Rampsch / Shutterstock
Der Kartoffelspezialist Kelly hat den Außendienst im Oktober 2020 auf Gas-Pkw umgestellt, zudem wurden acht Stromtankstellen am Werksgelände Wien errichtet. Ein neues Hochregallager direkt neben der Produktionsstätte im 22. Wiener Bezirk spart rund 5.500 Lkw-Fahrten ein.
Der Mineralwasserhersteller Vöslauer hat sich ambitionierte Ziele gesetzt: Bis 2030 soll jeder durchschnittliche Transport-Kilometer um 20 Prozent weniger CO2 verursachen als 2019. Das Rezept: Mehr Transporte auf Schienen, E-Mobilität und Wasserstoff – spätestens 2028 soll die gesamte Unternehmensflotte aus E-Autos bestehen.
Auch Coca-Cola HBC Austria setzt bei seiner Fahrzeugflotte auf alternative Antriebe und schafft dafür die nötige Infrastruktur wie Wallboxen im Wiener Office. Bis 2030 werden 85 Prozent der aktuell 270 Fahrzeuge sukzessive auf Elektroantrieb, Hybrid- oder Plug-In-Hybrid-Modelle oder Erdgas umgestellt.
Die Molkerei NÖM stellt ihren Fuhrpark ebenfalls auf klimafreundliche Mobilität um. Am Produktionsstandort Baden wurden im Oktober 2021 die ersten zwölf Ladesäulen eröffnet. Sie stehen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Lenkerinnen und Lenkern der NÖM-Fahrzeugflotte, aber auch Kundinnen und Kunden sowie Besucherinnen und Besuchern zur Verfügung.
Viele Lebensmittelunternehmen beteiligen sich an Kooperationen für den Klimaschutz oder haben eigene Initiativen ins Leben gerufen. Teilweise gehen diese über die gesetzlichen Vorgaben zu Umweltschutz, Nachhaltigkeit und CO2-Emissionen hinaus. Damit übernehmen die Lebensmittelhersteller aktiv Verantwortung für den Planeten und tragen zur Dekarbonisierung bei.
Fruchtbare Böden, sauberes Wasser, reine Luft: Erfahren Sie in diesem Film, was hinter der 11er Klimaschutzinitiative steckt. Video: 11er
Als assoziierte Partner des klimaaktiv Pakts 2030, einer Initiative des Umweltministeriums, haben sich etwa Ölz der Meisterbäcker und Vöslauer verpflichtet, CO2-Emissionen bis 2030 um zumindest die Hälfte zu reduzieren (Vergleichsbasis 2005).
Das Familienunternehmen 11er hat 2015 die 11er Klimaschutzinitiative ins Leben gerufen. Das Ziel: Bis 2025 mindestens 25 Prozent der Emissionen, für die heute noch Emissionszertifikate erworben werden, durch Vermeidung und Reduktion aus eigener Kraft ausgleichen. Der Getränkehersteller Spitz arbeitet seit Anfang 2021 an einer übergeordneten Klimaschutzstrategie. Weitere Beispiele für das Engagement einzelner Hersteller finden Sie in unserem Beitrag Nachhaltig wirtschaften in der Lebensmittelindustrie.
Verantwortung
Agrarrohstoffe bilden die Basis für unsere Lebensmittel und sind kostbare Ressourcen. Anhand von Best Practice-Beispielen zeigen wir, wie Unternehmen der Lebensmittelindustrie bei der Beschaffung und Verarbeitung nachhaltig vorgehen.
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